Warum Sie im Job Geschichten erzählen sollten

Rebecca Vogels ist Autorin, Keynote-Speakerin und Storytellerin
Jeder hat eine Geschichte und sollte sie laut Autorin und Storytellerin Rebecca Vogels auch erzählen können. Warum, erklärt sie im KURIER-Gespräch.

„Was ist Ihre Geschichte?“ Das war die erste Frage, mit der Rebecca Vogels von einem Taxi-Fahrer in New York konfrontiert wurde. In den USA ist diese Fragestellung selbstverständlich, sie hat das etwas überfordert.

KURIER: In Ihrem Buch „Erzähl dein Leben neu“ schreiben Sie, dass jeder eine Story hat. Wie erzählt man seine eigene Geschichte?
Rebecca Vogels: Mach es persönlich! Jeder hat eine Story, die einen zu der Person macht, die man heute ist. Und jede Story ist es wert, erzählt zu werden. Sie besteht aus zwei wesentlichen Teilen: Unserer Motivation – warum wir etwas machen? – und unserer Perspektive – wie sehen wir die Welt?

 

Warum braucht man eine Story?
Storys bleiben länger in Erinnerung als Fakten. Sie verbinden, inspirieren und zeigen andere Perspektiven. Geschichten machen unsere Welt größer.

 

Wie unterscheidet sich das amerikanische Storytelling vom europäischen?
In den USA heißt es „Story first, product second“. Große Unternehmen überlegen sich zuerst, welche Story sie erzählen wollen. Wenn man dort die Story nicht verkaufen kann, kann man auch das Produkt nicht verkaufen. In Europa ist es noch anders: Man entwickelt zuerst das Produkt und denkt später über die Story nach.
Was sind die Aufgaben eines Story-Consultants?
Die Arbeit bewegt sich im Bereich der Kommunikationskampagnen und des Employer-/Leadership-Brandings. Unternehmen haben meist ein abstraktes Narrativ. Ich setze da an und versuche es für Kunden und Mitarbeiter greifbarer zu machen.

 

Wie macht man sich das im Berufsleben zunutze?
Während Präsentationen kann man von einem Erlebnis aus dem eigenen Leben erzählen und es dann mit einer größeren Idee verbinden. Zwei Sätze können eine starke Wirkung haben.

 

Wie sollte man Lebensläufe in Bewerbungsgesprächen präsentieren?
Man sollte sich Erlebnisse zu den wichtigsten Punkten überlegen. Das macht es persönlicher. Gut ist es auch, wenn man nicht nur über Erfolge, sondern auch von Misserfolgen erzählt. Alle machen Fehler, wichtig ist, was man aus ihnen lernt.
Kann die eigene Geschichte zu langweilig sein?
Keine Geschichte ist langweilig. Es geht nämlich nicht nur um den beruflichen Werdegang. Beziehungen, Urlaube und Unternehmungen spielen ebenfalls eine Rolle.

 

Was sind Ihre Tipps für junge Führungskräfte?
Die Wahrnehmung und Ansprüche an Führungskräfte haben sich geändert. New Work ist nicht mehr hierarchisch, sondern auf Augenhöhe. Dazu muss man eine Verbindung zu den Mitarbeitern schaffen und einen sicheren Raum kreieren, in dem sie sich wohlfühlen. Die Pandemie hat es notwendiger gemacht, persönlich zu kommunizieren.

 

Wie hat sich Storytelling verändert?
Wir bewegen uns weg von den perfekten Heldengeschichten und hin zum Menschen. Wir wollen keine großen Erfolgstorys. Wir wollen echte Geschichten erzählen und Schwächen zeigen. „People connect with people“. Das stimmt heute mehr als je zuvor.

Was ist Ihre Story?  


So erzählen Sie Ihre Lebensgeschichte: Die eigene Story ist mehr als ein Lebenslauf auf dem Linkedinprofil. Man erzählt nicht nur, was man  gemacht hat, sondern inkludiert die eigene  Perspektive und Geschichte. Man beginnt mit einer Story, die bereits da ist und sollte nichts dazu erfinden, um es etwas spannender zu machen. „Es muss  authentisch und glaubwürdig sein, dann hat es auch eine Wirkung.“

Fragen, die man sich stellen sollte:

  • Was will ich in Zukunft erzählen?
  • Was hat mich interessiert, als ich zehn Jahre alt war? Interessiert es mich immer noch?   
  • Warum habe ich mich für diese Karriere entschieden?
  • Was waren entscheidende Erlebnisse, die mich geprägt haben und jetzt  relevant sind?
  • Wo bin ich auf meine Grenzen gestoßen und mit neuen Ideen konfrontiert worden?

 Die eigene Story darf sich auch ändern:

„Unsere Story ist sozusagen ein lebender Organismus, der sich im Laufe des Lebens verändert.“

„Ich bin mit 23 Jahren nach New York gezogen und kannte niemanden. Aber dadurch, dass jeder  seine Story erzählen konnte, fühlte ich mich verbunden.“

2014 absolvierte sie ihren Doktor der Philosophie auf der Universität der Künste in Berlin

2017 war Vogels bei der Salesforce, einem der größten Tech-Unternehmen der Welt,  tätig: „Dort bemerkte ich  die Bedeutung des Storytellings in einem Unternehmenskontext.“

2018 machte sie sich mit ihrer Agentur selbstständig. Sie schrieb eine Kolumne für FORBES und für die Huffington Post. Vogels erhielt einen Award als Top 50 „Most Powerful Women in Tech“ vom California Diversity Council. 

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