Graue Mäuse und Mauerblümchen: Was können wir von Introvertierten lernen?

Graue Mäuse und Mauerblümchen: Was können wir von Introvertierten lernen?
Businesscoach Ingeborg Kuca erzählt von den leisen Qualitäten der Introvertierten und ihren Vorteilen in der Arbeitswelt. Was können sich extravertierte Personen von ihnen abschauen?

Seit den Tanzvideos der finnischen Ministerpräsidentin, Sanna Mirella Marin wird mit vielen Meinungen und Fragen umhergeworfen. Darunter auch, ob man im Berufsleben zu extravertiert (auch als extrovertiert bekannt) sein kann. Ingeborg Kuca, Businesscoach und Gründerin der „Hirnspinne“ zufolge ist die Antwort „Jein“: Es hänge, wie so oft, von der Situation und den Personen ab. „Wenn jemand auf dem Tisch tanzt, kann das unterschiedlichste Reaktionen hervorrufen. Die einen werden es toll finden und mitmachen, die anderen werden kritisch sein.“

Mauerblümchen

Dennoch scheinen extravertierte Personen vor allem in der Berufswelt eine größere Wirkung zu haben, während von introvertierten Personen verlangt wird, sich zu verändern.

„Leider ist Introvertiertheit teils negativ behaftet.“ Man nennt sie auch oft „Mauerblümchen“ oder „graue Maus“. „Viele übersehen und unterschätzen, was da alles im Verborgenen schlummert“, meint Kuca. „Leise Menschen sehen ihre Arbeit oft als selbstverständlich an und tun sich mit Eigenlob schwer.“

Graue Mäuse und Mauerblümchen: Was können wir von Introvertierten lernen?

Ingeborg Kuca, Businesscoach Gründerin und Geschäftsführerin der "Hirnspinne"

Was können wir von Introvertierten lernen?

„Die Selbstreflexion“, sagt Kuca. „Ihnen wird vorgeworfen, schüchtern und ängstlich zu sein, aber es hat nichts mit Angst zu tun. Es läuft einfach viel Reflektion im Kopf ab.“ Auf der Chefetage, so die Businesscoachin, sind introvertierte Personen „die rücksichtsvolleren Führungskräfte, die ihren Teams viel Raum geben. Sie sind empathischer und teilen den Erfolg mit der Gruppe.“ Durch ihre Fähigkeit zu reflektieren und still zu beobachten, fallen ihnen laut Kuca besondere Qualitäten und Talente ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eher auf, wodurch sie sie besser fördern können.

Diese ruhige Einstellung kann jedoch auch zu einem Nachteil werden, da introvertierte Personen sich nicht in den Vordergrund drängen und so beispielsweise in Gruppenmeetings nur schwer zu Wort kommen. „Darauf sollten Vorgesetzte Rücksicht nehmen und nach besonders dynamischen Meetings ein Zweiergespräch mit der jeweiligen Person suchen“, sagt Kuca.

„Wir sind im Grunde genommen einzigartig wie unser Fingerabdruck.“

von Ingeborg Kuca

Die unterschiedlichen Energiequellen sollten ebenfalls bedacht werden: „Extravertierte laden ihre Batterie mit Smalltalk auf. Introvertierte Personen brauchen kurze Pausen für sich.“

Ingeborg Kuca bezeichnet sich selbst als introvertiert und weiß, was man tun kann. „Ich verwende bewusst nicht das Wort verändern.“ Es gehe nämlich nicht um Veränderung, sondern darum, das Gegebene weiter zu entfalten. „Wenn man merkt, was alles in einem steckt, fängt man so zu strahlen an, dass man für niemanden mehr zu übersehen ist.“

Auch der "Big Bang Theory"-Star Mayim Bialik bezeichnet sich als introvertierte Person und widmet dem Thema ein Instagram-Reel

Was bedeuten diese beiden Persönlichkeitspole?

 

Der Psychiater Carl Gustav Jung sieht Extra- und Introvertiertheit als zwei entgegengesetzte Pole.
Der große Unterschied liegt darin, wie sie ihre Energie schöpfen: Während sich extravertierte Personen mit Hilfe von sozialen Kontakten und Kommunikation  aufladen, brauchen introvertierte Zeit für sich und sind „allein zu Hause mit einem  Buch glücklich.“  

„Jeder Mensch liegt dazwischen. Rein introvertierte und rein extravertierte Personen gibt es nicht. Wir sind ein Mix aus vielen verschiedenen Persönlichkeitsmerkmalen und im Grunde genommen einzigartig wie unser Fingerabdruck“, sagt Kuca. So bringen wir in jeder Situation ein anderes Verhalten zutage und wirken auf jede Person anders.

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