Schluss mit Schreiben: Warum wir wieder telefonieren sollten
Schon vor der Pandemie und virtuellen Meetings hat die Schreibkultur die mündliche Gesprächskultur in Unternehmen übertrumpft. Die Abstimmung verläuft via E-Mail, der persönliche Kontakt über Chatfunktion. Natürlich hat das alles seine Vorteile: Man sieht die Verfügbarkeit von Personen, kann Anhänge und Dokumente übermitteln und hat im Falle des Falles einen schriftlichen Beweis, auf den man beharren kann. Hinzu kommt der zeitliche Bonus, den die asynchrone Kommunikation mit sich bringt.
Besser verbunden durch mehr Telefonieren
„Durch E-Mails bekommen wir einen gewissen Aufschub“, sagt Gerald Kolar der FH Wien. Leider verzichte man parallel auf viel Zwischenmenschliches. Etwas, das bei hybriden Arbeitsweisen wichtiger ist denn je. „Da geht ganz viel wichtige Beziehungsebene verloren, wenn man ausschließlich schriftlich miteinander kommuniziert. Davon ist absolut abzuraten“, betont Kolar.
Der Vorteil eines Telefonats liegt also im besseren Miteinander, weiß Eva Berner-Klemt, die in ihrem Sprechatelier auch Telefontraining anbietet. „Man muss sich bewusst Zeit nehmen und einlassen auf die Person, die gerade spricht. Das ist eine Form der Wertschätzung“, so die Präsenztrainerin. Weiters befinde man sich im Dialog, kann Nachfragen stellen.
Der E-Mail-Kontakt ist immer nur sachlich. Die Gefühlsebene spielt aber eine ganz wichtige Rolle in der Kommunikation. Die können wir besser am Telefon bedienen.
Wie telefoniert man aber richtig, wenn Telefonate teilweise als zu aufdringlich empfunden werden? „Ganz wichtig ist, es niemals persönlich zu nehmen“, sagt Berner-Klemt. „Ist jemand ausfallend oder total unhöflich am Telefon, ist es sinnvoll, hier sofort eine verbale Grenze zu ziehen. Oft genügt eine Gegenfrage.“
Auch die innere Haltung, wie man an ein Telefonat rangehe, ist ausschlaggebend, wie es auf der anderen Seite aufgefasst wird. „Fühle ich mich als Bittsteller, weil ich etwas brauche, rufe ich ungern an. Eine gute Hausübung, bevor ich zum Hörer greife, ist, mich selbst zu fragen, was ich an meinem Inhalt mag. Dann werde ich diesen auch gerne übermitteln“, erklärt Berner-Klemt.
- Die Begrüßung: Erfolgt immer mit einem Lächeln im Gesicht – das vermittelt Sympathie auch über das Telefon
- Die ideale Stimmlage: Findet sich über körpereigenen Brummton - hier klicken für mehr Information
- Das Tempo drosseln: Sorgt für weniger Stress beim Gegenüber
- Den Namen wiederholen: Um dem Gegenüber zu zeigen, aktiv zuzuhören
- Die Zusammenfassung: Inhalte wiederholen ist ein wirksames Mittel, höflich zu unterbrechen
- Die Klarheit: Sätze kurz und knapp halten
- Die innere Haltung: Sich selbst fragen, was man am eigenen Inhalt mag
- Die Beweglichkeit: Kopfhörer verwenden, statt das Telefon in der Hand zu halten
- Der richtige Moment: Nur anrufen, wenn man sich auch danach fühlt
- Die Verneinungen: Unbedingt vermeiden
Was man beim Telefonieren vermeiden sollte
Weiters gilt es, die Person am Ende der Leitung nicht zu überfordern, sagt Kolar.
Beim Telefonieren habe ich eine schnelle Reaktionszeit. Nachteil ist, dass sich das Gegenüber Notizen machen und darauf reagieren muss. Das Arbeitsgedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit werden belastet. Das kann Stress auslösen, wenn es eine unausgesprochene Erwartungshaltung gibt, immer erreichbar sein müssen.
Ganz also auf das geschriebene Wort verzichten, braucht man auch in Zukunft nicht. Kolar: „Wir kommen nicht umhin, Dinge, die für die Zusammenarbeit und Unternehmen wichtig sind, natürlich schriftlich festzuhalten. Aber es ist immer die Frage, wie weit etwas gehen soll. Es lohnt sich, gemeinsam mit einem Team zu schauen, wie Kommunikationsmittel bewusst gewählt werden sollen.“
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