"Parteiproporz aus der Schule"

Bekommt unsere Jugend die bestmögliche Bildung?“ – darüber diskutierten im Bürgersalon: Christiane Spiel, Harald Mahrer, Sandra Baierl (KURIER, Moderation), Hannes Androsch und Paul Kimberger (v. li.)
Die Bildung in Österreich muss verbessert werden – und zwar jetzt, fordern Experten.

Das Publikum zweifelt. Nicht am Gesagten – "das Bildungssystem muss geändert werden, jetzt" – es hat es nur schon zu oft gehört. Und dann ist doch nichts geschehen. "Ich habe den Willen, das zu machen", sagt Staatssekretär Harald Mahrer und legt das Mikrofon mit Nachdruck auf den Tisch, so, als würde er damit sagen wollen: Ende der Diskussion. Wissenschaftlerin Christiane Spiel ergreift es: "Wenn wir den Willen haben, dann können wir etwas ändern." Es fühlt sich tatsächlich nach Aufbruch an, so intensiv wird bei der Diskussion im Bürgersalon (initiiert von Carl und Yvonne Waldstein) das Thema "Hat unsere Jugend in Österreich die Chance, das beste Bildungsangebot zu bekommen?", diskutiert.

Die Antwort ist schnell gegeben: Nein, die Jugend bekommt nicht die bestmögliche Bildung. Hannes Androsch sagt es so: "Hätte ich ein anderes Gemüt, müsst ich mich in Anti-Depressiva flüchten. Wir sind kaum einen Schritt weitergekommen, das Bildungssystem zu verbessern." Mit ihm, dem Industriellen, Ex-Politiker und Bildungsvolksbegeheren-Initiator, findet das Podium den nötigen Advocatus Diaboli. Mit dem Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft für Pflichtschullehrer, Paul Kimberger, die Stimme der Lehrer. "Das Umfeld ist für die Schule schwieriger geworden. Wir müssen uns überlegen, was Schule leisten kann und was nicht. Aber derzeit wird alles auf die Schule und die Lehrer geschoben. Dabei brauchen sie eine qualitative Ruhe, um sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können."

Die wichtigsten Punkte

"Was wir brauchen ist eine Entparteipolitisierung der Schule, eine Autonomie und die entsprechenden Mittel", sagt Hannes Androsch. Harald Mahrer pflichtet bei: "Bildungspolitik darf nicht entpolitisiert werden, aber die Schule selbst und im Idealfall die Schulverwaltung muss entparteipolitisiert werden. Ich habe den Willen das zu machen." Applaus im Saal. Mahrer fordert weiters eine verpflichtende Sprachstandsfeststellung in einer möglichst frühen Phase, verstärkte Sprach-Förderung , weniger Regeln und mehr Flexibilität und Reformwillen von der Politik. Christiane Spiel bekrittelt, dass Gesetze nur beschlossen werden und dabei vergessen wird, dass der Weg eigentlich erst dann beginnt. Sie fordert eine Durchimplementierung und mehr Wertschätzung von Bildung und Leistung in der Gesellschaft. Kimberger fordert mehr Unterstützung und Wertschätzung für Lehrer. Die Diskutanten zeigen meist große Einigkeit. Auch bei der Bedeutung von Frühförderung und Elementarpädagogik – niemand dürfe aus dem Bildungssystem fallen, derzeit gibt es 10.000 Schulabbrecher pro Jahr. Seit Donnerstag, einen Tag nach der Diskussion, arbeitet eine Bildungsreformkommission unter anderen an diesen Punkten. "Geben Sie uns Vorschusslorbeeren", sagt Mahrer, die Zeichen stünden auf Veränderung: "Wir haben hier ein Sonnenfenster."

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