Forschen im Ausland: „Man muss sich durchboxen“

Forschen im Ausland: „Man muss sich durchboxen“
Martina Rangl macht Karriere in New York. Der Forscher-Traumjob an einer Elite-Uni sei aber auch mit Druck verbunden.

KURIER: Was sehen Sie, wenn Sie aus Ihrem College-Fenster blicken?

Martina Rangl: (lacht) Nicht besonders viel: die Labore sind im Keller. Die hoch sensiblen Mikroskope sind noch tiefer. Aber die Uni ist am East River, da sieht man die ganze New Yorker Skyline.

Sie haben an der FH Oberösterreich Medizintechnik studiert, anschließend an der JKU Linz in Biophysik promoviert. Warum haben Sie für Ihren Job Österreich verlassen?

An der JKU hab ich mich auf Atomkraftmikroskopie spezialisiert, da ist die Forscher-Community relativ klein. In Marseille, Frankreich, hat damals der Pionier auf diesem Gebiet gearbeitet, also bin für das nächste Projekt hingezogen. Es war eine persönliche Challenge, ich wollte es mal ganz alleine im Ausland schaffen. Ich wollte nur zwei Jahre bleiben, dann wieder zurückkommen.

Geblieben sind Sie vier Jahre, zurückgekommen sind Sie auch nicht.

Nach dem anfänglichen Kulturschock habe ich Marseille lieben gelernt. Nach vier Jahren dort hat mich mein Chef gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, ihn und zwei Kollegen nach New York zu begleiten um dort ein Labor aufzubauen. Die Gelegenheit hab ich beim Schopf gepackt.

Wird man durch ein Studium in Österreich auf eine internationale Forschungskarriere vorbereitet?

Definitiv. Da sind wir konkurrenzfähig.

Was macht die USA so attraktiv für Forscher?

Speziell am Weill Cornell Medical College ist viel Geld im Spiel, man kommt an größere Projekte heran als in Europa. Dort gibt es nur wenige große Funding Grants, die man in Anspruch nehmen kann. In den USA gibt es mehrere. Durch Trump hat es zwar finanzielle Einbußen gegeben, dennoch hat man hier mehr Ressourcen.

Dass der österreichische Genetiker Josef Penninger heuer nach Kanada zurückgekehrt ist, hat hierzulande eine Braindrain-Debatte ausgelöst.

Ich kenne wiederum einige Forscher, die zurück nach Österreich gegangen sind. Ich beobachte aber einen ganz anderen Trend: Immer weniger Leute bleiben an den Unis. Sie sehen größere Chancen in der Privatwirtschaft, in der Industrie. Als Postdoc an der Uni steht man unter immensem Druck, braucht tolle Publikationen, damit man eine Tenure-Track-Stelle bekommt (Anm. zeitlich befristete Verträge als Assistenz Professor). Irgendwann will man aber Sicherheit und auch gut verdienen. Wenn ich heute in einer Pharmafirma anfangen würde, würde ich das Doppelte verdienen. Aber die Grundlagenforschung ist meine Leidenschaft.

Über New York heißt es ja: If I can make it there, I’ll make it anywhere: Was sind Ihre nächsten Karriereschritte?

Ich mache meinen Job wirklich gern, aber man macht auch in New York viele Abstriche und es ist ein ständiger Kampf. Ich schaue schon, was die Alternativen zu einer Uni-Karriere sind.

Ist Forschung in Österreich eine davon?

Wien ist definitiv eine Option, alles andere in Österreich würde sich komisch anfühlen. Aber ich bin noch lange nicht fertig mit New York.

Zur Person: Martina Rangl ist  34 Jahre alt, hat bereits zwei Studienabschlüsse und fünf Forscher-Awards erhalten. Die Welserin hat Medizintechnik an der
FH Oberösterreich studiert, dann an der JKU Linz in Biophysik promoviert – beides mit Auszeichnung. Nach Forschungen in Marseille ist die Spezialistin für Atomkraftmikroskopie seit 2017 an der Elite-Uni Weill Cornell Medical College in New York tätig.

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