Diversität: Woran die Gleichstellung scheitert
Das Wort Feministin hinterlässt für einige –leider– einen negativen Beigeschmack. Man erkennt es an den vielen Kommentaren zum Weltfrauentag. Es regt auf. Es polarisiert. Dabei geht es eigentlich nur um eines:
Gleichberechtigung
In der heutigen Arbeitswelt scheinbar noch sehr weit entfernt, wenn man Begriffe wie Gender-Pay-Gap, Gender Pension Gap, Gender Promotion Gap hört. Das Thema „Diversität am Arbeitsplatz“ sei, so meint Hermann Sporrer (Co-Gründer SHEconomy & WEconomy), aber kein „Nice To Have“ mehr: „Viele Unternehmen erkennen gerade, dass Diversität in die Businessstrategie integriert werden muss, um hier wettbewerbsfähig zu bleiben.“
Männer müsste man dazu auch mit an Bord holen. Die sogenannten Male Allies (männliche Verbündete). Mit dem Wort „Women-Empowerment“ könne man Männer in der Arbeitswelt jedoch nicht gut erreichen, sagt Sporrer. „Man muss es auf das Faktische herunterbrechen, dann ist es greifbarer.“ Stichwort: Diversität. Besonders wichtig im Business-Kontext sei außerdem aufzuzeigen, welche Vorteile eine Umstellung mit sich bringt, etwa Innovation und höhere Gewinne.
Eine Besserung sieht Ökonomin und Gender-Forscherin Doris Weichselbaumer (Johannes-Kepler-Universität Linz) im Bildungsbereich. Frauen seien nämlich im Durchschnitt besser ausgebildet als Männer. Weniger fortschrittlich sehe es jedoch in den stereotypischen Geschlechtervorstellungen aus. Österreich zählt Studien zufolge zu den konservativen Ländern in Bezug auf Frauen in der Arbeitswelt. Diese Einstellung spiegelt sich, laut Genderforschung, in der Arbeit wider.
Entsprechen Frauen etwa nicht dem Stereotyp „nett und freundlich“, werden sie negativer bewertet. Verhandeln sie wie Männer, wirken sie „aggressiv“. Umgekehrt traut man Männern auch vermeintlich typisch „weibliche“ Jobs nicht zu. Etwa in einem Sekretariat. „Man nimmt offensichtlich an, dass Männer nicht alle Aspekte des Jobs erfüllen können oder wollen. Da ist etwa die Sorge, dass sie nicht dazu bereit wären, einen Kaffee zu kochen“, sagt Weichselbaumer.
Es ist kein individuelles Problem, sondern ein strukturelles
Trotz allem bleibt der Fokus auf Frauen
Sie sollen sich mehr trauen, sie müssen lernen, damit umzugehen und sie müssen gefördert werden. Ob man Diversität auf Geschlechter und auf eine alte, binäre Schiene reduzieren soll, hinterfragt Marita Haas, Senior Managerin bei Ward Howell International: „Es ist kein individuelles Problem, sondern ein strukturelles. Diese Trennung in Männer und Frauen halte ich für problematisch. Weder Männer noch Frauen sind eine homogene Gruppe. Unsere Welt dreht sich auch nicht nur um zwei Geschlechter, sondern um vielfältige Geschlechteridentitäten.“
Ein reiner Fokus auf Frauen bringe keine nachhaltigen Veränderungen. Stattdessen müssten Unternehmen darauf achten, dass sie dieselben Karrierechancen bieten und Rahmenbedingungen gestalten, die nicht von Vorhinein ausschließend sind. Eines steht für Haas fest: „Es gibt keinen schlechten oder besten Zeitpunkt, um Diversität zu berücksichtigen. Es passt in jeden Arbeitsprozess.“
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