Warum wird man Digitalnomadin? „Ich wollte weg vom Winter“, sagt Leni Gruber (@lenigruber). Seit 2021 reist sie einmal um den Globus und wieder zurück. Sie war bereits in Kolumbien, Argentinien, Bali, Sri Lanka, Vietnam – und während unseres Gesprächs sitzt sie in einem sonnendurchfluteten Co-Working-Space in Kapstadt, Südafrika. Was „Digitalnomaden“ sind? Der Duden definiert sie als „Personen, die ortsunabhängig und flexibel online arbeiten (und dabei viel durch die Welt reisen)“.
Die Jobs dieser Digitalnomaden sind bunt durchgemischt, wie Leni Gruber berichtet. Auf ihren Reisen lernte sie Freelance-Ärzte, Grafikdesigner, Videocutter und „Menschen in typischen Bürojobs, wo ein direkter Kontakt mit anderen nicht unbedingt notwendig ist“ kennen. Auch das Alter spiele keine Rolle. Gruber begegnete etwa einer 60-jährigen Songwriterin, die mit einem Rucksack von Land zu Land zog.
Rechtlich gesehen, so die Arbeiterkammer Wien, ist der Arbeitsort Teil des Arbeitsvertrages und zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu vereinbaren. Remote Work in Form von Homeoffice vom Ausland sei aber durchaus zulässig.
Ich sehe meinen jetzigen Lebensstil auf unbegrenzte Zeit. Wenn ich irgendwann mal keine Lust mehr habe, fahre ich zurück nachhause
von Leni Gruber ist Digitalnomadin und Social Media Marketing und Content Creator
Das Hörbuch „Die geilste Lücke im Lebenslauf“ war Leni Grubers Auslöser:
„Ich wollte immer schon viel Reisen und nach dem Studium die Welt sehen.“ Remote Jobs, die den Wunsch erfüllten, seien schwer zu finden, deswegen entschied sie sich für die Selbstständigkeit als Social Media Marketing und Content Creator für Cafés und Hotels. Also wurden gleich nach dem Kommunikationswirtschafts-Studium die Koffer gepackt, die Wohnung aufgegeben und das Auto verkauft. „Ich habe nicht viel darüber gegrübelt, was schiefgehen könnte, sondern dachte mir nur let‘s go.“
Der erste Reisestopp:Mexiko.
Dort blieb sie gleich mehrere Monate. Das „Wie lange bleibe ich?“ würde von den Wlan- und Co-Working-Angeboten abhängen: „Ich bleibe aber immer mindestens für einen Monat an demselben Ort.“ Sie finanziert sich mit ihrem Fixeinkommen, das sie von ihren Kunden aus Österreich bezieht, dort ist ihr Unternehmen nämlich auch gemeldet.
Rechtlich gesehen bleibt die unbeschränkte Steuerpflicht bestehen, solange man während des Auslandsaufenthalts den Wohnsitz in Österreich beibehält. Das bedeutet, dass das Welteinkommen in Österreich (als steuerlicher Ansässigkeitsstaat) zu versteuern ist. Zusätzlich können jedoch auch Steuern im Tätigkeitsland (also dort, wo man aktuell arbeitet) anfallen.
Neues Land, gleiche Routine.
Denn sobald Leni Gruber an einem neuen Standort ankommt, checkt sie die Cafés aus, sucht nach guten Arbeitsplätzen und geht auch gleich auf neue Leute zu. Der typische Kontakt mit Kollegen und die Bürodynamik fehlen ihr jedoch nicht wirklich. Sie arbeitet vorrangig in Co-Working-Spaces: „Dort lernt man Leute kennen, die wie Kollegen sind, mit denen man Kaffeepausen macht und sich austauschen kann.“
Wo wohnt man als Digitalnomadin?
Ähnlich sieht auch ihre Wohnsituation im Co-Living-Apartmenthaus aus. Eine Anlaufstelle für jene, die nur eine kurze Zeit Vorort sind. „Es kann anstrengend werden und es ist schwierig, wenn man ständig neue Kontakte knüpfen muss. Das ist nicht zu unterschätzen.“ Denn ständiges Reisen ist nicht immer einfach. „Anfänglich war ich voller Energie und habe mich gefreut.“ Nach einem Jahr war dann die Luft raus. „Es braucht gelegentlich dann doch eine Pause und ich war für zwei Monate zurück in Wien.“
Rechtlich gesehen: Wenn für die Zeit des Auslandsaufenthalts der Wohnsitz in Österreich aufgegeben wird und dort auch keine Einkünfte bezogen werden, hängen die Steuern allein vom jeweiligen Land und dessen Steuerpflicht ab. Grundsätzlich gilt steuerrechtlich das Recht jenes Staates, in dem die Tätigkeit auch ausgeübt wird (Tätigkeitsstaat).
Die Sozialversicherungszuständigkeit ist nicht so einfach beantwortet, denn die hängt – so die WKO – von vielen Faktoren ab: etwa von der Frage, ob es sich um eine gewerbliche Tätigkeit handelt, dem Ausmaß der Tätigkeit und dem Staat (EU, Drittstaat, etc.), in dem man diese ausübt.
"Der Arbeitsalltag ist wie in Wien",
meint die Digitalnomadin. Die Herausforderung ist eher die Work-Life-Balance: „Es schwankt bei mir. Bei neuen Projekten steigere ich mich rein und arbeite den ganzen Tag. Wenn es dann wieder ruhiger wird, muss ich mich daran erinnern, dass ich trotzdem arbeiten muss. Da ist es sehr leicht den Aufenthalt wie Urlaub zu behandeln.“ Wo es als Nächstes hingeht und wie lange sie noch reisen wird, weiß Leni Gruber noch nicht. „Ich habe kein Ziel und lasse mich treiben. Man kann ja immer zurück nachhause kommen.“
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