Der Trick zu mehr Geld: Gehaltsverhandlung ist Ansichtssache

Der Trick zu mehr Geld: Gehaltsverhandlung ist Ansichtssache
Gehaltsgespräche sind in der Regel sehr emotional. Zwei Experten erzählen, wie sie am besten gelingen.

„Wer ausgeschlafen ist, bekommt 570 Dollar.“ Hat der Chef gerade seinen ersten Witz gemacht? Nein. Mit diesem Satz verhandelt Kazuhiko Moriyama, CEO des japanischen Eventunternehmens mit dem passenden Namen „Crazy“, die Gehälter seiner Mitarbeiter neu. Der Hintergrund: 92 Prozent der Japaner bekommen laut einer aktuellen Studie zu wenig Schlaf und sind in Folge weniger produktiv.

Japan ist mit derartigen Anpassungen keine Ausnahme: In manchen Betrieben in den USA werden jene Mitarbeiter mit Boni belohnt, die am seltensten krank sind. Hierzulande ziemlich befremdlich. Und unerwünscht. Ein Fünftel der Österreicher würde auf Zusatzleistungen demnach verzichten, wenn stattdessen ein höheres Nettogehalt und mehr Urlaub winkt, so das Ergebnis einer aktuellen Studie des Personaldienstleisters SD Worx.

Doch Wünsche sind Verhandlungssache – und die ist meist unangenehm.

Es bedarf Strategien

Um das gewünschte Nettogehalt zu bekommen, ist laut Ingeborg Rauchberger, Verhandlungsexpertin und Autorin von „Schlagfertig war gestern“, das Führen eines Erfolgstagebuches maßgeblich, denn: „Eine Gehaltsverhandlung fängt nicht erst beim Gehaltsgespräch, sondern bereits am ersten Arbeitstag an“.

Welche Mehrleistung wurde erbracht, welche Verantwortung zusätzlich übernommen, welcher Gewinn verursacht und welcher Schaden abgewendet? Diese Argumentation sei viel besser als ein simples „Ich bin jetzt seit drei Jahren da“.

Nach der Niederschrift darf das tatsächliche Gespräch kommen. Laut Helmut Seßler, Verkaufstrainer und Co-Autor des Buches „Verhandlungserfolge mit der Kraft der Emotionen“, ist ein kühler Kopf das A und O eines Gesprächs, denn dabei herrscht oft dicke, emotionsgeladene Luft. Die Lösung: Eine neue Denkrichtung. Seßler rät zum sogenannten Reframing: „Eine Situation bekommt einen neuen Rahmen, eine positive Neubewertung.“

Gefasst bleiben

Die Amygdala schaltet die Gehirnregionen in Gefahrensituationen aus. Es bleiben die Reflexe Flucht oder Angriff. Das Gleiche passiere auch in einer Verhandlungssituation: „Unser Gegenüber, ein willensstarker Verhandler, geht nicht auf unsere Anfrage ein, die Amygdala blockiert unser Gehirn. Ich muss aber erkennen, dass er hart verhandelt, weil das sein Business ist – deswegen mag ich ihn trotzdem“, so der Fachmann.

Diese Denkweise legen auch die Autoren von „Das Harvard Konzept“, Roger Fisher, William Ury und Bruce Patton, nahe. „In geschäftlichen Verhandlungen oder internationalen Transaktionen vergessen wir allzu schnell, dass wir es nicht mit abstrakten ,Vertretern’ der anderen Seite zu tun haben, sondern mit Menschen.“ Sie würden Gefühle, Überzeugungen und unterschiedliche Hintergründe an den Verhandlungstisch bringen.

Und diese seien unberechenbar, zumal sie kognitive Verzerrungen, Parteilichkeit und unlogische Schlussfolgerungen begünstigten. Deswegen sei Helmut Seßler zufolge die Harvard-Technik ideal: Ziel soll sein, dass beide Parteien friedlich und mit einem Gewinn aus der Verhandlung gehen.

Alternativen

Danach geht es ans Konkrete. Fachfrau Rauchberger empfiehlt, sich eine Ziellinie aufzubauen: „Was ist mein gerade noch realistisches Traumziel, wo liegt meine Schmerzgrenze? Was ist meine beste Alternative? Wenn es kein Geld gibt, was hätte ich gern: eine Weiterbildung oder einen Firmenparkplatz?“ Wesentlich sei auch, sich über die Alternativen am Arbeitsmarkt schlauzumachen.

„Je besser Ihre beste Alternative, desto selbstbewusster können Sie auf Ihr Ziel hin verhandeln“, sagt die Expertin. Selbstbewusstsein will aber gelernt sein, denn nicht jeder Mitarbeiter ist von seinen Leistungen überzeugt. Laut einer Untersuchung der Columbia Business School haben „zu nette“ Menschen in der Regel kleinere Gehälter.

Laut Rauchberger muss das eine nicht zwingend das andere nach sich ziehen: „Die besten Chancen haben die, die ihren Wert kennen und zielorientiert auf den gerechten Ausgleich zumarschieren“. Das bestätigt Seßler und rät zu einer guten Vorbereitung, denn die beruhigt die Amygdala und das wiederum gibt Sicherheit.

Was eine Gehaltsverhandlung braucht

Geld allein macht zwar nicht glücklich, aber zu wenig davon hebt die Stimmung und Arbeitsmoral gewiss nicht. Schenkt man der Studie einer Unternehmens-Bewertungsplattform Vertrauen, sinkt die Gehaltszufriedenheit der Österreicher. Bei vielen herrscht Handlungsbedarf. Was sie für eine erfolgreiche Verhandlung  konkret brauchen.

Gehaltswunsch: Es ist wesentlich, schon vor dem Gespräch genau zu wissen, wie hoch Ihre Anpassung sein soll. Der Betrag, den Sie nennen, sollte  höher sein als der, den Sie erreichen möchten. Achten Sie jedoch immer darauf, realistisch zu bleiben. Sind Sie nicht sicher, was in Ihrer Branche handelsüblich ist, unterstützt unter anderem der Online-Gehaltsrechner  bei der Orientierung: www.gehaltsrechner.gv.at

Timing: Der Zeitpunkt für die Frage nach einer Gehaltserhöhung ist essenziell. Turbulente Phasen sind nicht empfehlenswert – die Firma sollte wirtschaftlich stabil sein, damit der Vorgesetzte  mehr monetären Handlungsspielraum hat. Idealerweise spricht man den Wunsch nach einem bedeutenden persönlichen Erfolg an.

Wortwahl: Experten raten, anstatt von einer Gehaltserhöhung, von einer Gehaltsanpassung zu sprechen. Das impliziert, dass das Gehalt lediglich an Ihre bereits vorhandenen Leistungen gerecht angepasst werden muss.

Termin: Ein Gehaltsgespräch sollte in jedem Fall vorab mit dem Vorgesetzten fixiert werden. Die Unterhaltung benötigt Zeit und Ruhe und sollte nicht zwischen Tür und Angel vonstattengehen.

Belege: Legen Sie Ihre persönlichen Erfolge detailliert dar, damit der Chef  sieht, welchen Gewinn sein Unternehmen mit  Ihnen macht. Dabei sollten Sie jedoch immer nur von den Vorteilen für das Unternehmen sprechen. Dadurch fühlen Sie sich zudem nicht als Bittsteller, sondern legen nahe, dass Sie für Ihre Leistungen einen entsprechenden Ausgleich verlangen.

 

 

 

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