Studieren um besser zu lehren
Bildungsdiskussion: Das Parkett knirscht, die Gäste flüstern, begrüßen einander mit einem Kopfnicken. Studenten tippen leise in ihre Handys, andere diskutieren über Kafka. Im Festsaal der Uni Wien erwarten 300 Gäste die Meinungen und Vorschläge der Experten zur aktuell heiß diskutierten Lehrerbildung. Die Ergebnisse der geplanten Reform hätten diese Woche vorgestellt werden können. Im letzten Moment wurde der Termin aufgrund einer Erkrankung des Wissenschaftsministers Karlheinz Töchterle verschoben. Die Anwesenden haben fragende Blicke: Wie sehen künftig die Zugangsbeschränkungen zum Lehramt-Studium aus? Wie kann das Ansehen des Lehrerberufs gesteigert werden? Was muss der moderne Lehrer können?
Die prunkvollen Luster im Festsaal hängen tief, beleuchten die Diskutanten für die Kameras, das Headset sitzt. „Die öffentliche Debatte tut dem Image der Lehrer nicht gut“, sagt Elmar Pichl. Dennoch stiegen die Zahlen der Einschreibungen, das Studium sei für Maturanten nach wie vor attraktiv. Derzeit sind rund 10.000 Studierende in 26 Unterrichtsfächern in einem Lehramt-Studium auf der Uni Wien inskribiert. Wie muss „der Lehrer“ von heute eigentlich sein, was muss er mitbringen?
„Ein Lehrer muss vergessen können. Er muss im Stande sein, die Perspektive des Schülers anzunehmen, der den Stoff noch nie im Leben gesehen hat. Er muss die Fähigkeit besitzen, Probleme und Entwicklungsmöglichkeiten seiner Schüler zu erkennen“, sagt Lutz-Helmut Schön. Fachliche Exzellenz sei hier Voraussetzung. Ulrike Greiner ist der Meinung, dass „der Lehrer“ sein Professions-Bewusstsein noch nicht inne hat. „Er erlebt sich im Grundschulbereich oft nicht als Experte: Er fällt ungern Urteile und ist sich nicht bewusst, dass er mit seinem positiven Einfluss Laufbahnen verändern könnte.“ Andreas Salcher fordert mehr Mut im Lehrerbildungssystem. Er könnte sich auch quereinsteigende Experten als Lehrer vorstellen. Jedenfalls müssten Lehrer künftig mit internationalen Bildungsvorreitern wie Skandinavien oder Kanada mithalten können. „Die Beziehung zwischen Lehrer und Kind ist in Österreich extrem schlecht – daran sollte gearbeitet werden“, sagt er. Weiters müsse die Neugierde der Kinder gefördert und gleichzeitig der Unterrichts-Druck verringert werden. „Kinder interessieren sich nie für das Fach, nur für den Menschen“, so Salcher.
Zum Thema Zugangsbeschränkungen gab es am Podium keine Einigung. Laut Schön müsste Studierenden früh genug und human gezeigt werden, wenn sie für den Beruf ungeeignet sind. Ob dies mit Assessment Centern, wie in anderen Länder praktiziert, gelinge, weiß er nicht. Das Ministerium für Wissenschaft und Forschung ist für die Beibehaltung der sogenannten Eignungsfeststellung, Rektor Engl hält eine einsemestrige Studieneingangsphase für die bessere Lösung um Studierende herausfinden zu lassen, ob der Lehrerberuf für sie richtig ist.
Mit dem Zentrum für LehrerInnenbildung seien jetzt die Weichen für eine bessere und innovativere Ausbildung gestellt. Wann die Ergebnisse der Lehrerbildungsreform präsentiert werden, ist jetzt noch nicht klar. „Wir haben eine Aufbruchstimmung im Moment. Das spüren wir alle“, sagt Engl.
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