Der Wissenschaftsminister: "Beliebiger Zugang – eine Illusion"
KURIER: Herr Mitterlehner, wann waren Sie zuletzt an der Uni und was haben Sie dort gemacht?
Reinhold Mitterlehner: Vor wenigen Tagen habe ich meine Tochter von einer Lehrveranstaltung abgeholt. Offiziell war das bei der 50-Jahr-Feier meiner Heimatuniversität Linz im Oktober, sowie bei der internationalen Tagung des Universitätslehrerverbandes im November an der Uni Wien.
Waren Sie als Student in der ÖH engagiert?
Ja, und zwar als Vertreter der ÖSU in Linz. Ich war Studienrichtungs- und Fakultätsvertreter für einen Zeitraum von rund sechs Semestern.
Studieren heute heißt: viel Druck, wenig Freiheit. Ist das fair? Ist das gut?
So würde ich das nicht pauschal stehen lassen. An allen guten Universitäten dieser Welt gibt es, was die Lehre anbelangt, bestimmte Leistungskriterien und in der Forschung durchaus die notwendige Freiheit. Aber eben auch eine bestimmte Wettbewerbsorientierung, was die Einwerbung internationaler Projekte angeht. Was wir verbessern müssen, ist die Betreuungsrelation in den Massenfächern, da kommt möglicherweise dann neben der Lehre die Forschung zu kurz. Ansonsten, was die Gestaltung der Lehre anbelangt, gibt es in den Leistungsvereinbarungen weiterführende Projekte.
Wir stehen vor größeren Zugangsregelungen an den Hochschulen. Wieso wollen Sie das?
Weil es eine Illusion ist, einen beliebigen Zugang für alle in allen Fächern vorgaukeln zu wollen. Da leidet dann nur die Qualität, und die Anzahl der Studienabbrecher wird wahrscheinlich noch größer als sie es derzeit ist. Daher wollen wir den Zugang regeln und eine bessere Steuerung bzw. Umgang mit den vorhandenen Ressourcen erzielen. Der einzelne Studierende soll vor Studienantritt seine freie Studienwahl sorgfältiger treffen. Im Endeffekt wird aufgrund der besseren Betreuungsrelationen die Qualität steigen.
Was meinen Sie: Ist die Stimme der jungen Menschen in Gesellschaft und Politik vertreten? Sind die jungen Menschen laut genug?
Vertretung von Interessen ist nicht nur eine Frage der Lautstärke sondern auch eine Frage der Mitwirkungsbereitschaft. Ja, ich sehe das durchaus bei einigen Einrichtungen im Zunehmen, etwa im Gemeinderat oder auch was politisches Interesse insgesamt anbelangt, etwa Kommentierungen bei Social Media. Gerade in den Themenbereichen Migration, Integration, bei Fragen der Gerechtigkeit und anderen gesellschaftspolitischen Themen orte ich durchaus zunehmendes politisches Interesse junger Leute.Sie sind seit 3,5 Jahren auch Wissenschaftsminister. Was hätten Sie gerne gemacht, was nicht funktioniert hat?Ich hätte gerne die Versäumnisse der Vergangenheit, was die Finanzierung anbelangt, noch schneller aufgeholt und beispielsweise für Studierende gerne die Studienbeihilfen schon vorher erhöht. Auch das Thema Studienplatzfinanzierung hätte ich gerne sofort erledigt, weil ich es für eine gute Lösung halte. Wir sind aber, wie gerade angesprochen, jetzt dabei. Ich möchte aber auch hervorstreichen, was funktioniert hat: Die Angst vor einer Zusammenlegung Wissenschaft und Wirtschaft war unbegründet, ganz im Gegenteil habe ich gerade, was den Baubereich anbelangt, zusätzliche Mittel zu den Universitäten bringen können. Das gilt auch für die Dotierung der Forschung. Eine stärkere Anwendungsorientierung von Forschungsergebnissen finde ich durchaus positiv, ohne dass wir andere Bereiche, wie etwa Geistes- und Kulturwissenschaften eingeschränkt haben.
Was sollte ein junger Mensch in seiner Studienzeit unbedingt gemacht haben?
Das Programm Erasmus+ nutzen und andere Universitäten, Länder und Kulturen dadurch kennenlernen.
Bitte legen Sie sich fest:
– In den Ferien: Sommerjob oder Fernreise? Jedenfalls Sommerjob, das schadet nie, und dann noch dazu Fernreise.
– Geld übrig: Sparen oder Investieren? Investieren.
– Erster Arbeitgeber: Staat oder Privat? Reihenfolge egal, aber beides auszuprobieren durchaus ein Vorteil.
Was hätten Sie als Student gerne gewusst?
Welche Prüfungsfragen bei der nächsten Prüfung kommen.
Wir leben in turbulenten Zeiten. Wie geht man als junger Mensch am besten damit um?
Erstens, möglichst viel lesen, viel kommunizieren, um den eigenen Horizont zu erweitern und sich eine eigene Meinung zu bilden. Zweitens, Studium abschließen. Das ist keine Garantie für ein erfülltes Leben, aber wie eine Eintrittskarte, um auf einem anderen Level eigene Wünsche und Vorstellungen möglichst selbstgesteuert "erleben" zu können.
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