Meister, Professor, Hofrat oder Doktor: Was bringt ein Titel?
„Als Österreicher braucht man einen Titel“, scherzt David Pfarrhofer, Institutsvorstand vom Market-Institut während einer Pressekonferenz am Dienstag. Denn Österreich sei bekanntlich ein Titelland. Mit 1.500 unterschiedlichen Titelbezeichnungen trägt es den Namen zurecht.
Von honoris causa, über den Meister, der anders als der Bachelor sogar vor dem Namen angeführt wird. „Der Name allein ist offenbar nicht genug“, beobachtet Ingrid Wadsack-Köchl, Abteilungsleiterin beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung.
Titelverliebt
Titel sind allgegenwärtig. Um das zu verdeutlichen, wollte die Redakteurin dieses Artikels alle Interviewpartner ausnahmsweise mit Titeln nennen. Das Unterfangen nahm aber überhand – daher bleibt es den Lesern erspart. Laut einer OECD-Auswertung aus 2023 haben „nur“ 21 Prozent der Österreicher einen akademischen Titel.
Zur Freude der Titelverliebten beschränken sich die Namens-Ergänzungen aber nicht nur auf Hochschulabschlüsse. Es gibt einige weitere Kategorien. Ingrid Wadsack-Köchl unterscheidet zwischen neun Arten. Darunter etwa Berufstitel, Verwendungsbezeichnungen, Ehrentitel und Qualifikationsbezeichnungen. Der Professor fällt zum Beispiel unter die Kategorie „Amtstitel“. „Oft ist einem gar nicht bewusst, dass es sich um einen Titel handelt, weil die Begriffe schon so gängig sind.“
Warum sie bei uns so einen hohen Stellenwert haben, hat historische Gründe, erklärt die Juristin. Es seien Überbleibsel aus der K.u.K.-Zeit. „Diese Diversität an Bezeichnungen hat man mit Funktionen in Verbindung gebracht.“ Gewisse Titel halten sich bis heute. Der Hofrat zum Beispiel. Den Grund für ihre Langlebigkeit verortet Wadsack-Köchl in ihrer Nützlichkeit: „Man erkennt Qualifikationen oder bestimmte Funktionen, noch bevor man den Namen der Person liest.“ Ein „Herr Generaldirektor“ reicht schon aus, um sich ein Bild zu machen.
Titelbevorzugt
Vom Prestige abgesehen, ist es auch ein nettes Karriere-Sprungbrett. Jedenfalls für Hochschulabsolventen. Laut Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas bleibt der Master-Titel ein Garant „für einen schnellen Einstieg in die Arbeitswelt und gutes Gehalt.“
Ein Titel kommt außerdem auch gut bei Kunden an. Das bestätigt eine aktuelle WKO-Studie. „60 Prozent der Befragten stimmen zu, dass ein sichtbarer Titel dabei hilft, die Qualifikation eines Unternehmens oder seiner Mitarbeiter zu beurteilen“, berichtet David Pfarrhofer, vom Market-Institut. 51 Prozent sehen es sogar als Vorteil, wenn eine Qualifikation durch einen Titel sichtbar wird. „Flapsig ausgedrückt, sind Titel also gar nicht mal so schlecht“, so Pfarrhofer. Kann ein Titel die Qualität der Arbeit nochmal unterstreichen, umso besser.
Es geht nicht um Eitelkeit. Titel sind ein Ausweis für Qualifikation. Und schaffen Vertrauen
Gerne wird der Wert einer berufspraktischen Ausbildung ausgeblendet, weiß Reinhard Kainz, Geschäftsführer der Bundessparte Gewerbe und Handwerk der WKO. „Berufspraktische Ausbildungen stehen oft im Schatten der akademischen.“ Ein gutes Beispiel gibt die WKO-Studie. 62 Prozent der befragten Personen wussten nicht, dass man den Meister (Mst.) mittlerweile als offiziellen Titel tragen darf. Dabei ist der Abschluss im Ranking des nationalen Qualifikationsrahmens auf einem Bachelor-Niveau.
Titelbelastet
„Uns geht es mit diesem Titel nicht um Eitelkeit“, betont Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der WKO-Bundessparte Gewerbe und Handwerk. „Es ist von Vorteil, einen berufspraktischen Titel führen zu können und ein Ausweis für Qualifikation. Solche Titel schaffen Vertrauen“, ist Scheichelbauer-Schuster sicher. Sie selbst trägt ihre Titel (KommR Mst. Ing.) auf der Visitenkarte – und als Brosche auf ihrer Weste. Künftig will man deshalb noch mehr berufspraktische Ausbildungen betiteln lassen.
Wobei Reinhard Kainz von der WKO Bedenken äußert – weil man in der EU darüber nachdenkt, gewisse Kurzausbildungen aufzuwerten. Noch gelten Absolventen solcher kurzen, berufspraktischen Kurse als „angelernte Hilfskräfte“. Sind also nicht mit der Ausbildung von Fachkräften vergleichbar, so Kainz. Es bestehe aber die Möglichkeit, dass die EU durch einen Rechtsakt Lehrabsolventen mit eben solchen „angelernten Hilfskräften“ gleichsetzen werden (der KURIER hat berichtet).
Egal welche Titel man trägt: Sie haben eine Wirkung auf die Wahrnehmung, sagt Wadsack-Köchl. „Im gesellschaftlichen Kontext werden sie aber leider auch genutzt, um zwischen Ansehen oder gesellschaftlichem Status zu unterscheiden.“ Sie selbst habe nur einen und den führe sie nur auf ihrem Türschild im Büro: Mag.a Ingrid Wadsack-Köchl.
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