„Wir sollten zu EU-Wertschöpfung beitragen, nicht zur asiatischen“
Kari Kapsch ist Präsident des OVE, des Österreichischen Verbandes für Elektrotechnik. Er sieht große Chancen bei der Energiewende für die Wertschöpfung und für Jobs im Inland.
KURIER: Elektro ist das Schlagwort der Energiewende. Wie erleben Sie den Widerstand bei dem Thema?
Kari Kapsch: Die Energiewende ist bei uns das große Thema, es geht ja darum, wie wir das -Problem lösen wollen. Von der Elektrotechnikseite können wir da sehr viel beitragen, wenn wir in diese richtige Richtung gehen wollen. Die Blockaden sind aus meiner Sicht bei weitem nicht mehr in der Dimension, wie das früher der Fall war.
Ist das nicht eine große Chance heraus aus der Krise, in der wir stecken?
Wir haben schwierige Zeiten, aber im Vergleich zu vielen anderen Staaten sind wir sehr gut aufgestellt. Neue Themen sind immer auch eine Chance für eine innovationskräftige Wirtschaft, und die haben wir und damit viel Wachstumspotenzial. Allerdings müssen wir schauen, dass wir die eigenen, europäischen Technologien auch wirklich zum Einsatz bekommen. Da haben wir eine extreme Schieflage in allen Bereichen zwischen Asien, Europa und den USA, vor allem wenn es um Umweltbedingungen geht und um soziale Arbeitsbedingungen. Das führt zu großen Kostenverzerrungen.
Es geht also um die Frage, woher die Technik und die Hardware kommt?
Uns geht es darum: Wenn wir jährlich eine Milliarde in die Energiewende stecken in Form von Förderungen, sollte es eine Verpflichtung der Politik sein, darauf zu achten, dass der Großteil des Geldes auch zu einer europäischen Wertschöpfung beiträgt, und nicht zur asiatischen.
Und wie soll das gehen?
Wir wären dafür, dass von den Förderungen zuerst nur 70 Prozent ausbezahlt werden, den vollen Förderbetrag bekommt nur, wer nachweisen kann, dass zum Beispiel 70 Prozent der Wertschöpfung im Inland passiert.
Aber hilft das dann auch?
Der Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie hat bei der Kepler-Uni in Linz eine Studie durchführen lassen, die zeigt: Mit dem vorhandenen Fördervolumen von einer Milliarde im Jahr werden insgesamt drei bis vier Milliarden Euro bewegt. Wenn ich schaue, dass ich 75 Prozent der Wertschöpfung in Österreich halte, generiere ich daraus ein BIP-Wachstum von 6,9 Milliarden Euro und rund 120.000 Arbeitsplätze. Wenn die Wertschöpfung nur zu 50 Prozent im Inland entsteht, schaffe ich immer noch ein Wachstum von 2,9 Milliarden Euro für das BIP. Aber dann kippt es, wenn ich nur mehr 25 Prozent Wertschöpfung im Inland habe, schrumpft das BIP sogar.
Produzieren wir denn in Österreich und Europa die Technik, die wir benötigen?
Derzeit kommt der Großteil der Fotovoltaik aus Asien, das muss aber nicht so sein. Dafür haben wir schon die Batteriespeicher, die Ladetechnik, die Schutztechnik und die Leistungselektronik. Und es gibt ein ganz neues Thema, die Gleichspannung.
Gleichspannung? Wir haben in unseren Netzen überall nur Wechselspannung.
Die Gleichspannung ist in Vergessenheit geraten, weil wir Wechselspannung brauchten, um hohe Spannungen über weite Distanzen zu transportieren. Aber das ändert sich ja, etwa bei den Energiegemeinschaften, und vor allem muss klar sein, dass viele Verbraucher im Haus Gleichspannung brauchen, und auch Fotovoltaik erzeugt nur Gleichspannung. Wir müssen also dauernd den Strom umspannen und umwandeln, und da gibt es große Verluste von bis zu 20 Prozent. Und dieses Thema wollen wir jetzt anpacken. Da kann man die Häuser umrüsten, das wird das nächste große Thema werden.
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