Zurück zum Annahmezwang. Laut Flume geht es dabei um die Frage, mit welchem Zahlungsmittel Verträge zu bezahlen sind. „Das ABGB hat jedoch keinen Biss.“ Denn in vielen allgemeinen Geschäftsbedingungen wird nur die unbare Zahlung ermöglicht. Einige frühere OGH-Urteile weisen in die Richtung, dass solche Klauseln unzulässig sind.
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Staat kann eingreifen
Problem sei, dass jeder einzelne Fall neu vor Gericht durchjudiziert werden müsste, das sei mühsam. Hier könnte der Staat regelnd eingreifen. Der Europäische Gerichtshof habe in einem Urteil 2021 festgestellt, dass die Mitgliedsstaaten nicht daran gehindert seien, Maßnahmen zu erlassen, die die hoheitliche Verwaltung zur Annahme von Bargeld verpflichten. Und bereits 2010 habe die EU-Kommission eine Empfehlung an die Mitgliedsländer abgegeben, dass sie etwas zur Annahmeverpflichtung machen sollten. „Die Annahme von Eurobanknoten und -münzen als Zahlungsmittel bei Einzelhandelstransaktionen sollte die Regel sein“, hieß es. Ausnahmen gebe es nur in bestimmten Fällen, etwa wenn der Händler über kein Wechselgeld verfügt.
Für Flume ist es wichtig, nicht über den Verfassungsrang von Bargeld zu diskutieren, sondern „wie man Bargeld im privaten Verkehr absichert“. Die Frage sei daher, ob man das ABGB abändert und Verwaltungsstrafen einführt. In Frankreich etwa betrage die Strafe je Fall 150 Euro. Auch in Polen und der Slowakei gebe es Strafen. In einem Fall habe eine Handelskette 20.000 Euro zahlen müssen, da sie Feuerwerkskörper nur gegen Kartenzahlung verkaufte (aus Sicherheitsgründen zur Identifikation der Käufer).
Eine Verankerung von Bargeld in der Verfassung würde laut Flume im Alltag der Bürger aber nichts ändern. „Das hat mit Annahmezwang nichts zu tun.“
Und dann gibt es eben noch die europäische Seite. Die EU veröffentlichte Ende Juni zwei komplexe Verordnungsentwürfe zu den Themen „Digitaler Euro“ sowie „Bargeldzahlung“. „Der EU ist klar, dass der digitale Euro nur kommt, wenn das Bargeld abgesichert wird“, so Flume. Der deutsche Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz rechnet frühestens 2027 mit einer digitalen Version des Euro. Die Frage für die nationale Politik laute nun, inwieweit diese Verordnungen jetzt berücksichtigt werden sollen.
So sollten laut dieser Verordnung etwa zwingend Verwaltungsstrafen eingeführt werden. Es seien allerdings auch zahlreiche Ausnahmen vom Annahmezwang vorgesehen. Der Zugang zu Bankomaten soll ebenfalls gestärkt werden. Die geplante Bargeldobergrenze spiele in der Verordnung keine Rolle.
Flume widerspricht in dem Zusammenhang Martin Selmayr, dem früheren Generalsekretär der EU-Kommission. Dieser meinte, dass der Annahmezwang bereits jetzt im EU-Recht verankert sei. „Stimmt nicht“, so Flume. „Schon auf der ersten Seite der Verordnung steht, dass der zivilrechtliche Annahmezwang in der EU nicht geregelt ist. Daher braucht es die Verordnung.“
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