Jede dritte Firma nutzt den 12-Stunden-Tag

, das eine maximale Höchstarbeitszeit von 12 Stunden bzw. 60 Stunden pro Woche erlaubt, wurde bei Einführung von der Gewerkschaft energisch abgelehnt und bestreikt.
Flexibles Arbeiten auf dem Vormarsch: Kernarbeitszeiten verlieren an Bedeutung; Heimarbeit nimmt zu.

Die kürzlich geschaffene Möglichkeit eines 12-Stunden-Arbeitstages in der Gleitzeit wird bereits von 30 Prozent der Unternehmen genutzt - das hat eine Umfrage ergeben, die von Deloitte Österreich, der Universität Wien und der Universität Graz durchgeführt wurde. Demnach werden die Arbeitszeiten generell immer flexibler und die Heimarbeit nimmt stark zu.

Befragt wurden österreichweit 214 Führungskräfte und Personalchefs. Das Ergebnis: Flexibles Arbeiten ist in Österreich auf dem Vormarsch und Kernarbeitszeiten verlieren an Bedeutung. Vor zwei Jahren hätten noch fast zwei Drittel der Unternehmen auf Gleitzeit mit Kernzeit gesetzt, jetzt tue das nur mehr die Hälfte. "Bereits bei einem Viertel der Unternehmen arbeitet die Mehrheit der Mitarbeiter ohne Kernzeiten", sagte Barbara Kellner, Managerin bei Deloitte Österreich.

Fast alle Unternehmen gaben an, dass Mitarbeiter ihre Bürojobs schon vor zu Hause aus erledigen könnten - allerdings dürfen das bei einem Drittel der Firmen nur einzelne Mitarbeiter. Dennoch nimmt die tatsächliche Nutzung von "Home Office" stark zu, sie hat sich laut Befragung in den letzten zwei Jahren mehr als verdoppelt. 86 Prozent der Befragten gaben an, dass das Angebot von einem beträchtlichen Anteil der Mitarbeiter tatsächlich in Anspruch genommen werde. Bei der letzten Befragung 2017 gaben das nur 42 Prozent an. Allerdings würden sich Mitarbeiter manchmal nicht trauen, Home-Office-Angebote wahrzunehmen, wenn physische Anwesenheit mit Leistung gleichgestellt werde, erklärte Kellner.

Der 12-Stunden Arbeitstag gilt seit 1. September 2018. An diesem Tag trat das neue Arbeitszeitgesetz in Kraft, das eine Anhebung der Höchstarbeitszeit auf 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche möglich macht. Grüne, SPÖ, Arbeiterkammer und Gewerkschaft lehnten die Ausweitung der Arbeitszeit ab. Bedienstete müssten mit massiven Verschlechterungen rechnen, so eine Kritik. "Der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche kostet die Arbeitnehmer Freizeit und Gesundheit", monierte etwa AK-Präsidentin Renate Anderl.

ÖVP und FPÖ, die in der gemeinsamen Regierung das neue Arbeitszeitgesetz auf Schiene gebracht haben, sehen die neuen Bestimmungen als zeitgemäße Antwort auf die moderne Arbeitswelt.

Eckpunkte 

Durch die Neuerungen im Arbeitszeitgesetz fanden der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche als Maximalvarianten Einzug in das österreichische Arbeitsleben. Grundsätzlich bleiben aber der 8-Stunden-Tag und die 40-Stunden-Woche bestehen. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit darf jedenfalls 48 Stunden nicht überschreiten. Der Rahmen für die Gleitzeit wiederum kann von derzeit zehn Stunden auf zwölf Stunden ausgedehnt werden. Erweitert wird überdies der Kreis jener Personen, auf die das Arbeitszeitgesetz keine Anwendung findet. Waren bisher nur leitende Angestellte ausgenommen, treffen die Ausnahmebestimmungen nunmehr auch ArbeitnehmerInnen mit maßgeblicher selbständiger Entscheidungsbefugnis. Für den Tourismus wiederum besteht die Möglichkeit, die tägliche Ruhezeit von derzeit elf auf acht Stunden für alle Betriebe mit geteilten Diensten zu verkürzen. Auch soll es die Möglichkeit der Ausnahme von der Wochenend- und Feiertagsruhe geben, dies allerdings beschränkt auf vier Ausnahmefälle pro Jahr.

Ein im Zuge der Nationalratsdebatte vorgelegter Abänderungsantrag von ÖVP und FPÖ brachte noch eine ausdrückliche Freiwilligkeitsgarantie, die im Wesentlichen darauf hinausläuft, dass die Beschäftigten die elfte und die zwölfte Überstunde jederzeit ohne Angabe von Gründen ablehnen können. Flankiert wird dieser Passus von einem Diskriminierungsverbot. Weiters wird nunmehr klargestellt, dass die beiden zusätzlichen Überstunden jedenfalls in Geld oder Freizeit abgegolten werden müssen. Zum Thema Betriebsvereinbarungen hält der Abänderungsantrag fest, dass für die ArbeitnehmerInnen günstige Vereinbarungen weiterhin bestehen bleiben.

Kommentare