Es war ein kurzes Durchschnaufen: Nach leichten Rückgängen im Februar und März, hat sich die Teuerung im April wieder beschleunigt. Mit 9,8 Prozent bleibt der Verbraucherpreisindex (VPI) laut Schnellschätzung der Statistik Austria knapp einstellig (siehe Grafik). Im internationalen Vergleich ist die Teuerungsrate damit hoch.
"So kann das nicht weitergehen", kommentierte Gabriel Felbermayr, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) die Daten. Der neuerliche Anstieg kommt allerdings auch für Experten überraschend. Die Ursachen sind teilweise noch nicht geklärt, nähere Daten sollen Mitte des Monats verfügbar sein. WIFO-Ökonom Josef Baumgartner hätte für April mit einer Stabilisierung oder einem weiteren leichten Rückgang gerechnet. Klar ist, die Energiekosten, die die Preise im vergangenen Jahr massiv in die Höhe getrieben haben, waren nicht ausschlaggebend. So sind etwa Treibstoffe derzeit deutlich billiger als vor einem Jahr. Gestiegen ist die Inflation aber etwa "in den Bereichen Freizeit, Reisen und Dienstleistungen", so Tobias Thomas, Generaldirektor der Statistik Austria.
Der Rückgang der Teuerungsrate im März ist auch auf einen Basiseffekt zurückzuführen: Da sie im März 2022 in Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sprunghaft angestiegen sind, war der Anstieg im Jahresvergleich geringer. Allerdings kommen inzwischen sogenannte Zweitrundeneffekte zum Tragen, also Preiserhöhungen als Reaktion auf Kostensteigerungen. Das betrifft einerseits die Löhne durch die hohen KV-Abschlüsse, die ja etwa im Dienstleistungssektor mehr oder weniger direkt auf die Konsumentinnen und Konsumenten umgewälzt werden. Andererseits geht es aber auch Index-Anpassungen von Preisen, so sind etwa die Richtwertmieten mit April um 8,6 Prozent gestiegen.
Es reiche nicht, sich auf die Europäische Zentralbank zu verlassen, sagte Felbermayr, und forderte "eine aktive Stabilisierungspolitik“. Auf entsprechende Maßnahmen konnte sich die Bundesregierung zuletzt allerdings nicht einigen. Die Verhandlungen zur "Mietpreisbremse" scheiterten und auch beim Bereich Lebensmittel gibt es keine Einigkeit: Während Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) für 8. Mai zu einem "Lebensmittel-Gipfel" geladen hat, ließ Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) wissen, er sehe keine Hinweise für mangelnden Wettbewerb in dem Bereich.
Kerninflation in Eurozone
Österreich ist mit dem Anstieg der Inflation nicht allein. So verzeichneten etwa Spanien, Frankreich und Italien im April Zuwächse – wenn auch auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Der international vergleichbare Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) liegt in Österreich bei 9,6 Prozent (+1 Prozent) In der gesamten Eurozone aber nur bei 7 Prozent (+0,1 Prozent gegenüber März). Deutlich höher als in Österreich ist die Inflation in einigen osteuropäischen Ländern, wie etwa Polen (14,7 Prozent).
Die großen Unterschiede erklären sich nicht nur aus strukturellen Unterschieden wie der Abhängigkeit von Russland, sondern auch mit den jeweiligen Maßnahmen. Österreich hat hauptsächlich auf Beihilfen und Zuschüsse für Haushalte und Betriebe gesetzt, während andere Staaten etwa in die Energiepreise eingegriffen haben.
Der Druck auf die EZB bleibt somit hoch, weitere Erhöhungen des Leitzinses gelten als wahrscheinlich. "Wenn es noch Argumente für weitere deutliche Zinsanhebungen der EZB bedarf, mit den April-Inflationsdaten werden sie spätestens geliefert", kommentierte etwa Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Einen Lichtblick gibt es hingegen bei der sogenannten Kerninflation. Dabei werden die schwankungsanfälligen Preise für Nahrungsmittel und Energie herausgerechnet, um einen längerfristigen Trend sichtbar zu machen. Im erreichte dieser Indikator im März mit 5,7 Prozent den höchsten Stand seit Bestehen der Gemeinschaftswährung, im April war er mit 5,6 Prozent zumindest nicht höher.
Baumgartner erwartet für das laufende Jahr einen schrittweisen Rückgang der Inflation. Den Zielwert von zwei Prozent werde die Teuerungsrate in Europa aber voraussichtlich erst 2027 erreichen.
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