Chef der IV-NÖ: "Eine Stunde länger arbeiten soll Lohnraub sein?"
Warum für den Wärmepumpen-Hersteller und Chef der NÖ-Industriellenvereinigung, Karl Ochsner, die 41-Stunden-Woche nicht vom Tisch ist.
KURIER: Sie haben mit der 41-Stunden-Woche heftige Debatten ausgelöst. Provozieren Sie ganz bewusst?
Karl Ochsner: Es sind überraschend viele positive Reaktionen zurückgekommen, auch außerhalb der Industrie, vom Spargelbauer bis zum kleinen Reisebüro. Tenor: Wir müssen mehr arbeiten, um unseren Wohlstand zu erhalten.
Als Gegenpol zur SPÖ-Forderung nach der 32-Stunden-Woche?
Bei vollem Lohnausgleich! Diese Aussage darf man ohne Weiteres machen, aber bei einer Stunde länger arbeiten wird von Lohnraub gesprochen. Das kann ich nicht nachvollziehen. Es gibt zur Mehrleistung aber auch andere Zugänge als die Wochenarbeitszeit. Etwa die Jahresarbeitszeit, das Herausnehmen von Feiertagen. Im Wesentlichen geht es darum, dass sich Mehrleistung lohnt.
Und wie?
Alle, wirklich alle Überstunden sollten steuer- und abgabenfrei sein. Die Arbeitnehmer haben mit der Normalarbeitszeit ihren Dienst am Staat und an der Gesellschaft geleistet, darüber hinaus sollte Arbeit für Unternehmen und Mitarbeiter steuerfrei sein. Ebenso längeres Arbeiten über das Pensionsantrittsalter hinaus.
Zur Person. Karl Ochsner, 49, leitet in fünfter Generation das Familienunternehmen Ochsner Wärmepumpen
mit Zentrale in Haag, NÖ. Der dreifache Vater ist Aufsichtsrat-Vizechef der Staatsholding ÖBAG, wurde 2023 einstimmig zum Präsidenten der Industriellenvereinigung NÖ gewählt
Zum Unternehmen. Produktion von Wärmepumpen für Privathäuser, Großgebäude und Industrieprozesse an vier Standorten, 500 Mitarbeiter, 130 Millionen Euro Umsatz, Ergebnis vor Steuern 9 Prozent vom Umsatz, 80 Prozent Export. 2024 wie in der gesamten Branche rückläufiges Ergebnis wegen starken Einbruchs in Deutschland
Die kleine Abgaben-Reduktion für arbeitende Pensionisten ist Ihnen zu wenig?
Wir brauchen die Leute, die mit 62, 63 Jahren noch Gas geben. Leistung kennt kein Alter. Wenn wir das faktische Pensionsantrittsalter an das gesetzliche heranführen könnten, wäre das ein Riesenfortschritt. Mitarbeiter, die diese Extrameilen gehen, sollten von Belastungen befreit sein. Damit netto richtig was übrig bleibt. Auch Vollzeitarbeit muss sich lohnen. Wer Teilzeit jobbt, bekommt später weniger Pension. Das muss man den jungen Leuten eindringlich sagen.
Dann wird halt wieder nach dem Staat gerufen.
Ich halte es für nicht akzeptabel, dass die Allgemeinheit das stemmt. Wer sich entscheidet, weniger zu arbeiten, der muss die Konsequenzen in der Pension tragen. Ausgenommen ist natürlich die Teilzeit wegen Kinderbetreuung. Ich rede von denen, die keine zweite Verpflichtung für die Gesellschaft haben und deren Begründung mehr Freizeit ist.
Wäre noch die Debatte, dass Arbeit krank macht.
Arbeit macht sicher nicht krank, wie viele Arbeitnehmervertreter erklären. Das stimmt einfach nicht. Arbeit ist sinnstiftend, und Leistung macht Freude. Solche Debatten gibt es international kaum.
Vergessen Sie vor lauter Leistung nicht auf jene, die wollen, aber nicht können?
Ich habe ein großes Herz für die Schwachen in der Gesellschaft. In meinem Weltbild haben die Leistungsträger die Verantwortung. Von irgendwo muss das Geld für Bildung, Gesundheit und soziale Absicherung aber kommen. Die ganze Welt freut sich über Erfolg und Leistung. Wir in Mitteleuropa können doch nicht meinen, dass Arbeit krank macht, Leistung negativ ist und sich Unternehmen für Gewinne entschuldigen müssen.
In Niederösterreich regieren ÖVP und FPÖ gemeinsam. Wünschen Sie sich eine solche Koalition auch für die Nationalratswahl?
Mir geht es rein um Sachthemen. Der Industriestandort muss konkurrenzfähig bleiben. Wer in der Regierung ist, muss das verstehen. Ich bin kein Parteipolitiker, aber ich sehe dieses Thema eher in der Mitte.
Wer ist für Sie die Mitte?
Die ÖVP und die Neos.
Die SPÖ nicht?
Ich habe mit vielen Gewerkschaftern eine gute Gesprächsbasis, aber dem 22-Punkte-Plan von Parteichef Babler kann ich wenig abgewinnen. Die heutige Sozialdemokratie ist weit entfernt von Bruno Kreisky. Schauen Sie, dieses alte Foto zeigt Kreisky vor seinem Slogan: Leistung, Aufstieg, Sicherheit.
Sie wurden dem blauen Lager zugerechnet, haben sich aber davon distanziert.
Nochmals, ich bin kein Parteipolitiker. Ich komme aus einem ÖVP-Hintergrund. Es ist richtig, dass ich unter der Regierung Kurz auf einem FPÖ-Ticket in die Aufsichtsräte der Staatsholding ÖBAG und der ÖBB bestellt wurde. Möglicherweise auch aufgrund des Vorschlages der Industriellenvereinigung. Inzwischen wurde ich in der ÖBAG zwei Mal verlängert, unter Türkis-Grün von den Finanzministern Blümel und Brunner.
Die Blauen propagieren die „Festung Europa“. Was halten Sie davon?
Dieser Begriff ist standortschädlich und abzulehnen. Die Firma Ochsner könnte keine zwei Wochen ohne gezielte Migration überleben. 60 Prozent unserer Mitarbeiter haben Migrationshintergrund, wir haben 25 Nationen im Unternehmen. Wir brauchen die besten Kräfte. Wer möchte denn mit seiner Familie nach Österreich kommen, wenn nicht sicher ist, dass die Kinder in der Schule willkommen sind?
Überlegen Sie einen Standort in Polen? Als Alternative zu Österreich?
Natürlich. Wir haben dort schon Forschung und Entwicklung. In Österreich liegt die durchschnittliche Jahresarbeitszeit bei unter 1.500 Stunden, in Polen bei 2.000, plus einer günstigeren Steuersituation. Wir entscheiden in den nächsten 24 Monaten.
Sind Sie als Green-Tech-Industrieller und Landespräsident ein Signal? Die Industrie hat es ansonsten ja bekanntlich nicht so mit dem Green Deal.
Das ist sicher ein Zeichen. Österreichs Industrie gehört weltweit zu den umweltfreundlichsten Industrien. Wer den Standort erhalten will, schützt auch das Klima. Unsere Industrie will ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten, aber nicht um den Preis der Wettbewerbsfähigkeit.
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