Wenn arabische Aufsichtsräte von „Herausforderungen“ bei der OMV sprechen

Bohrturm am Wiener Karlsplatz
Hauptversammlung: Vielsagender erster Auftritt der neuen Kontrollore von Adnoc, Umweltschützer in Aktion

Das fängt ja gut an. Wenn Aufsichtsräte bei ihrem Amtsantritt von Herausforderungen für das Unternehmen sprechen, heißt das im Manager-Sprech, dass mit Problemen zu rechnen ist. Die beiden neuen Kontrollore, die der OMV-Miteigentümer Adnoc entsendet, ließen bei ihrem ersten Auftritt auf der Hauptversammlung keinen Zweifel daran.

Khaled Salmeen, Verhandlungsleiter von Adnoc für das Joint-Venture der OMV-Tochter Borealis und Borouge von Adnoc zum internationalen Chemieriesen, gab am Dienstag vor den Aktionären in der Wiener Messe einen Vorgeschmack darauf, was Österreichs größtes Industrieunternehmen erwartet. Salmeen gilt auch in arabischen Kreisen als beinharter Durchsetzer der Interessen von Adnoc, dem staatlichen Ölgiganten von Abu Dhabi.

„Herausforderungen“ werde die künftige Reise der OMV bringen. Nachsatz: „Aber auch viele Chancen“. Gemeint ist damit wohl, falls die OMV sich gegenüber Adnoc entsprechend kooperativ verhält.

Wenn arabische Aufsichtsräte von „Herausforderungen“ bei der OMV sprechen

Adnoc-Verhandlungsleiter Khaled Salmeen

Dann ging er auf eine Zigarettenpause mit ÖBAG-Chefin Edith Hlawati, Vizepräsidentin des OMV-Aufsichtsrates.

Der zweite Aufsichtsrat, Khaled Al Zaabi, Finanzchef von Adnoc, betonte bei seiner Angelobung ebenfalls die „Herausforderungen an unsere Partnerschaft“. Er sprach von einem „neuen Kapitel“, einer „Partnerschaft mit gegenseitigem Respekt“ und gemeinsamen Werten. Der Wandel des Unternehmens biete „erhebliche Vorteile“.

An Respekt würden es die Adnoc-Vertreter freilich immer wieder fehlen lassen, hört man aus Verhandlerkreisen. Die österreichische Seite fühle sich immer wieder brüskiert, der KURIER berichtete. Der größte Deal der österreichischen Wirtschaftsgeschichte ist immer noch nicht abgeschlossen.

Die Kommunikation über das geplante Joint-Venture ist dürftig, für den Kapitalmarkt ebenso wie gegenüber den Mitarbeitern. „Außer einer einzigen Ad-hoc-Meldung vor einem Jahr kam bis jetzt nichts mehr von OMV-Seite. Das ist sehr verwunderlich“, sagte Florian Beckermann, Chef des Interessenverbandes für Anleger, am Rande der Hauptversammlung (HV), auf der es wieder keine Informationen dazu gab. Mehr als „ergebnisoffene Verhandlungen“ wurde auch diesmal nicht verraten. Beckermann kritisierte außerdem, dass die OMV ihren Aufsichtsräten die Steuer für ihr Entgelt ersetzt.

Gazprom-Verfahren

Neben der Gasversorgung Österreichs, die OMV-Chef Alfred Stern als gesichert bezeichnete, hinterfragten Aktionäre auch den langfristigen Liefervertrag (bis 2040) mit Gazprom. Ein vorzeitiger Ausstieg sei in den Verträgen nicht vorgesehen. Die OMV sei daher verpflichtet, den Vertrag einzuhalten, außer Gazprom liefert nicht, falls etwa die Leitungen durch die Ukraine blockiert würden. Auf Nachfrage versicherte OMV-Aufsichtsratschef Lutz Feldmann, dass er und das gesamte Gremium die Eckpunkte des Gazprom-Vertrages kennen würden. Das Vertragswerk war von der OMV wie ein Staatsgeheimnis gehütet worden, auch die Regierung wusste lange keine Details. 

Etwas mehr Klarheit brachte die Hauptversammlung zu den Schiedsgerichtsverfahren der OMV gegen Gazprom. Demnach läuft eines vor dem ICC in Genf. Dort hat die OMV 1,82 Mrd. Euro aus entgangenen Einkünften aus dem Gasfeld Juschno-Russkoje in der Zeit Februar 2022 bis Juni 2023 eingeklagt, sagte Energie-Vorstand Berislav Gaso. Gazprom habe aber am Handelsgericht in St. Petersburg ein Urteil erwirkt, das die Fortsetzung dieses Verfahrens untersagt. Die OMV anerkennt wiederum das Gericht in St. Petersburg nicht und geht davon aus, dass das Schiedsverfahren in Genf weitergeht und dort auch eine Entscheidung fallen wird.

Abgesehen davon hat die OMV wegen der Gaslieferungen nach Deutschland und nach Österreich ein Schiedsgerichtsverfahren in Stockholm angestrengt, wie OMV-Chef Alfred Stern auf eine weitere Frage erläuterte. Auch dieses Verfahren wurden von Gazprom vor dem Gericht in St. Petersburg bestritten, das russische Gericht hat dem russischen Monopolisten auch hier Recht gegeben.

Bohrturm am Karlsplatz

Traditionell bespielten auch die Umweltschützer die Hauptversammlung. Zum Ärger der Aktionäre musste ein Aktivist aus dem Saal geleitet werden, einige gingen vorher freiwillig. Bessere Stimmung herrschte am Karlsplatz, wo Greenpeace einen Bohrturm aufstellte, als Protest gegen das Gas-Projekt Neptun Deep im Schwarzen Meer. Diese stünden im Widerspruch zu allen Klimaschutzbemühungen. Wenn die Förderung in plangemäß 2027 anläuft, wird Rumänien zum größten Gasproduzenten in Europa. 

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