Industrie: Neuer "Austro-Porsche" dringend gesucht
Die österreichische Industriepolitik braucht einen Strategiewechsel: Das schließt eine Arbeitsgruppe der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) aus der hartnäckigen Wachstumsschwäche, die die heimische Wirtschaft seit 2013 verfolgt und hinter der Eurozone nachhinken lässt.
Ein besorgniserregender Befund: Einerseits soll es zwar ab 2016 aufwärts gehen (siehe hier). Auf Dauer wird das aber wohl zu wenig sein.
In den vergangenen Jahrzehnten hatte Österreich von zwei Faktoren profitiert: Der Boom in Osteuropa und die hohe Produktivität unserer Betriebe, die über den Umweg Deutschland große Exporterfolge feiern konnten.
Rang abgelaufen
Diese Wachstumsstorys ziehen jetzt nicht mehr richtig. Der Boom im Osten ist abgeebbt und obendrein machen diese Länder uns den Rang als Industriestandort streitig. So hat Österreich bei seinen Exporten nach Deutschland kräftig Marktanteile eingebüßt.
Und zwar vor allem an die Slowakei, Polen, Ungarn, Spanien und Tschechien, sagt OeNB-Chefökonomin Doris Ritzberger-Grünwald: „Die Kfz-Zulieferindustrie geht jetzt zum Teil von Osteuropa nach Deutschland und nicht mehr von Österreich.“ Die Bereiche Kfz-Teile und Zubehör, Straßenfahrzeuge und Metallwaren waren besonders betroffen.
Fazit: Ein Nachfolger für den schwächelnden Autozuliefer-Sektor muss her. „Dessen quantitative Wachstumsaussichten dürften ausgelaufen sein“, erklärt OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny. Er zieht Vergleiche zur Abwanderung der Textilindustrie in den 1960ern. Das sei zum Teil unvermeidlich: „Entscheidend ist, was nachkommt.“ Wolle man Österreich als Industriestandort erhalten, müsse die Politik die Voraussetzungen schaffen. Derzeit ist die Unsicherheit der Unternehmen groß; sie trauen sich nicht, zu investieren. So laufen sie Gefahr, den Anschluss zu verpassen, warnt Ritzberger-Grünwald.
Neuer Austro-Porsche
„Es wurde erkannt, dass man ähnlich hohe Stückzahlen wie die Konkurrenz erreichen muss, um wettbewerbsfähig zu sein“, erinnert sich „Motorenpapst“ Hans-Peter Lenz im KURIER-Gespräch. Er war intensiv in die damaligen Beratungen involviert. „Österreich sollte also keine kompletten Autos, sondern Zubehörteile bauen.“ Das war die Geburtsstunde der so erfolgreichen Automobilcluster, des General-Motors-Werks in Wien-Aspern oder von BMW in Steyr.
Alle an einem Strang
Ein Baustein des Erfolges war freilich auch die Hartwährungspolitik: Weil der Schilling fest an die D-Mark gekoppelt war, musste Österreich sich in seiner Lohnpolitik am deutschen Vorbild orientieren. Das wirkte wie eine "Produktivitätspeitsche" und sicherte die Wettbewerbsfähigkeit ab. Wären die Löhne rascher gestiegen und die heimischen Kfz-Teile zu teuer geworden, wären sie nämlich von den deutschen Abnehmern durch Produkte von Zulieferern aus anderen Ländern ersetzt worden.
Wie aber könnte der „Austro-Porsche“ für das Jahr 2020 aussehen? Die Hauptaufgabe müsse sein, höhere Technologie- und Wertschöpfungsanteile in Österreich zu erzielen, sagt Elisabeth Christen vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Möglichkeiten für so eine Vorreiterrolle sieht sie etwa bei der Batterietechnik oder neuartigen Karosserien aus Kunststofffasern.
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