Wirtschaftsklima: Bei Gas-Embargo über zehn Prozent Inflation
Die heimische Industrie wird heuer die Konjunktur so wie in der Covid-Krise eher nicht retten.
Die Gründe sind bekannt: Hohe Energiepreise, schwierige Lieferketten und der Ukraine-Krieg.
Dabei erwartet die Industriellenvereinigung (IV) für die Gesamtwirtschaft für heuer noch ein Plus von 3,25 Prozent.
Stagflation droht
Da dürfe jetzt aber sozusagen keine Wand mehr umfallen. Sonst drohe Stagflation, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer und IV-Chefökonom Christian Helmenstein. Also Null-Wachstum und hohe Inflation,
Die aktuelle Umfrage zur Entwicklung in den kommenden Monaten ist jedenfalls nicht berauschend.
Egal, ob Geschäftslage, Produktion oder Erträge: die Kurven zeigen nach unten.
Nur bei den Verkaufspreisen geht es steil nach oben. Fast drei Viertel der Betriebe wollen in den nächsten drei Monaten ihre Preise erhöhen.
Helmenstein spricht von einer „völlig neuen Preiskalkulation“ in der Industrie.
Normalerweise werden höhere Kosten über Produktionssteigerungen abgefedert, um diese nicht weitergeben zu müssen.
Jetzt aber geht die Produktion zurück. „Und die Kostensteigerungen vor allem bei der Energie sind so hoch, dass die Betriebe gezwungen sind, diese in Form von höheren Preisen weiterzugeben“, sagt Helmenstein.
Für die Inflation heißt das nichts Gutes. Die derzeitige Inflation von 6,8 Prozent werde „nicht das Ende der Fahnenstange“ sein, so Helmenstein. „Wir befürchten eine weitere Beschleunigung.“
Bei einem Boykott von russischem Gas würde die Inflation die zehn Prozent überspringen.
Ein Embargo auf russisches Gas, welches die österreichische Wirtschaft vier- bis fünfmal stärker treffen würde als etwa jene in Frankreich oder Italien, würde eine schwere Wirtschaftskrise auslösen, so Neumayer und Helmenstein.
Bleiben wir beim Gas. Die EU will bis 2027 ja vom russischen Gas loskommen. „Die Substitution russischen Erdgases wird eine große Herausforderung. Wir wissen was technisch möglich ist“, sagt Neumayer.
Zwar würden LNG-Terminals gebaut, aber LNG sei teuer und nicht umweltfreundlich. Zudem fehle es vor allem an der Leitungsinfrastruktur, um LNG-Gas zu verteilen.
Und Leitungsflüsse im Pipelinesystem einfach so umzudrehen, sei auch nicht einfach. Das derzeit debattierte europäische Solidaritätsmodell in der Gasverteilung sei praktisch nicht durchführbar.
Biogas forcieren
Es gibt aber auch gute Nachrichten. Alleine mit Biogas könnte in Österreich ein Fünftel (2 Mrd. Kubikmeter) der russischen Gasimporte gedeckt werden, sagt Helmenstein.
Zurück zur Gegenwart. An der Europäischen Zentralbank (EZB) übt Neumayer scharfe Kritik.
Sie habe zuletzt nichts gegen die hohe Inflation unternommen. „Man wird nicht um Zinserhöhungen herumkommen“, so Neumayer.
Es sei „verwunderlich“, dass die EZB einer ihrer beiden Hauptaufgaben, nämlich die Preise zu überwachen, „ungenügend“ nachgekommen ist“.
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