Der Industrie fehlen rund 10.000 Lehrlinge

Symbolbild.
Durch die Aufstiegsklausel während der Pandemie sind mehr Jugendliche im Schulbetrieb geblieben.

Den Unternehmen in Österreich fehlen laut IV-Chef Georg Knill durch die in der Pandemie lockere Notenvergabe an den Schulen mittlerweile an die 10.000 Jugendliche in der Lehrausbildung, wie er am Freitag in einer Pressekonferenz sagte. Die Aufstiegsklausel habe dazu geführt, dass mehr Jugendliche im Schulbetrieb geblieben seien, was für die Lehre einen "Hemmschuh" darstellte, so der Präsident der Industriellenvereinigung. Eine im Jänner durchgeführte Umfrage untermauert dies.

Der Umfrage zufolge haben 40 Prozent der 14- und 15-Jährigen derzeit keine Probleme in der Schule. Sie gaben an, dass ein Sitzenbleiben für sie unwahrscheinlich ist. Gleichzeitig ergab die Umfrage, dass nur mehr 62 Prozent der Jugendlichen die Lehre als attraktiv einschätzen. Vergangenes Jahr bei einer ähnlichen Befragung waren es noch 71 Prozent.

Für die Wirtschaft wird es immer schwieriger, genug geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zu finden. Umgekehrt ist es für Jugendliche derzeit viel einfacher, eine gute Lehrstelle zu finden. Sie können sich sozusagen aussuchen, in welchem Unternehmen sie ihre Lehrausbildung beginnen, fasste Marktforscher David Pfarrhofer vom Market Institut die Ergebnisse der Befragung zusammen.

Karriere ohne Lehre?

Pfarrhofer hat für die Firmeninitiative "zukunft.lehre.österreich" (ZLÖ) und die IV 378 Schülerinnen und Schüler sowie je 300 Eltern und Lehrkräfte befragt. Dabei habe sich gezeigt, dass junge Menschen bei Karrierechancen eher an ein Studium denken, für Eltern und Lehrer bietet hingegen auch eine Lehre mit Matura Karrieremöglichkeiten. Pfarrhofer leitet daraus ab, dass die Entscheidung im Alter von 15 Jahren, ob Lehre oder Schule, durch eine höheren Durchlässigkeit im Bildungssystem, etwa durch eine Lehre mit Matura, erleichtert werden sollte.

IV-Chef Knill sagte, die Industrie müsse noch stärker als bisher die Chancen einer Lehre aufzeigen. Er sagte, eine Arbeiterin in der Metallindustrie verdiene in ihrer Lebenszeit doppelt so viel wie eine Friseurin und ähnlich viel wie ein Akademiker. Neben dem Bemühen gezielt Mädchen für technische Berufe zu begeistern, werde es künftig eventuell ein Thema werden, auch Abgängern von chancenlosen Studienrichtungen noch eine Lehrausbildung zu ermöglichen, sagte der Generaldirektor der Energie AG, Werner Steinecker.

Pensionierungswelle

Wie Verbund-Chef Michael Strugl erklärte, spüre das Unternehmen bereits den demografischen Wandel. So gebe es aufgrund der Geburtenrückgänge weniger Jugendliche im Alter von 15 Jahren, die für eine Lehre infrage kommen, gleichzeitig steige der Personalbedarf. Firmen sind derzeit nämlich damit konfrontiert, dass viele Mitarbeiter der geburtenstarken Babyboomer-Generation in Pension gehen. Britta Schindler, die bei A1 den Lehrlingscampus leitet, sagte, der Telekomnetzbetreiber suche auch via Snapchat und TikTok nach Lehrlingen. Miba-Personalmanager Bernhard Reisner versicherte den Jugendlichen eine zukunftssichere Ausbildung und, dass es die Industrie sein werde, die den Klimawandel schaffe.

In Richtung Politik sagte zlö-Initiator Steinecker, es bräuchte in der Bundesregierung einen Lehrlingsbeauftragten, wenn nicht sogar einen Staatssekretär. Immerhin gehe es aufgrund des Fachkräftemangels um Milliardenbeträge. In den neuen Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) setzt er große Erwartungen, mehr als es beim Vorgänger der Fall war, so Steinecker.

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