In Österreich gibt es rund 20.000 Zombie-Unternehmen und Firmen-Leichen
Die Corona-Hilfen und das Aussetzen von Insolvenzanträgen führten nicht nur in Österreich in den Jahren 2020 und 2021 zu einem starken Rückgang bei den Firmeninsolvenzen. „2022 war aber in Europa das Jahr der Trendumkehr und der Trend der steigenden Unternehmensinsolvenzen verfestigt sich“, sagt Patrick-Ludwig Hantzsch vom Wirtschaftsinformationsdienstleister Creditreform. In Europa sind die Firmenpleiten im Vorjahr um 32 Prozent auf 200.000 Fälle gestiegen, davon in Westeuropa um 24,2 Prozent und in Osteuropa sogar um 53,5 Prozent.
Zu den Insolvenzursachen zählen die hohen Energie- und Rohstoffpreise, die abgeflaute Konsumlaune, die Inflation und die Konjunkturschwäche. Mittlerweile kommen auch noch höhere Finanzierungskosten aufgrund der Leitzinsanhebung durch die EZB dazu.
„Wir haben eine große Anzahl an Unternehmen, die dieser Mehrfach-Krise nicht gewachsen sind“, sagt Hantzsch. „Österreich ist Spitzenreiter, was die Zunahme der Unternehmensinsolvenzen in Westeuropa betrifft, dicht gefolgt von Großbritannien und Frankreich.“
Auf Frankreich entfielen mit 41.200 Fällen rund 30 Prozent aller Pleiten in Westeuropa. Gegen den Trend verlaufen die Insolvenzen in Italien. „In Italien sind die Insolvenzzahlen gesunken, weil es in Italien die Besonderheit gibt, dass viele Unternehmen durch Schließungen, aber ohne Insolvenz vom Markt verschwinden“, sagt Hantzsch. „Wir nennen das stille Heimgänge, die tauchen in der Insolvenzstatistik nicht auf.“ Indes ist in Osteuropa Ungarn mit 41.500 Fällen führend, das bedeutet fast eine Verdoppelung der Pleiten im Vergleich zum Jahr 2022.
Fast 60 Prozent
Im Branchen-Ranking führt der Bereich Dienstleistungen, vor dem Handel, der Bauwirtschaft und der Industrie. Auf die Dienstleister entfallen 41,3 Prozent und auf den Handel samt Gastronomie und Hotellerie 30,9 Prozent aller Firmenpleiten.
Auch in Österreich führt das Ende der Corona-Hilfen zu einem massiven Anstieg der Firmenpleiten auf 4.900 Fälle. Der Zuwachs betrug im Vorjahr fast 60 Prozent.
„Kein Land hat so viel Geld an Covid-Hilfen ausgezahlt wie Österreich, die Insolvenzantragspflicht wurde ausgesetzt und die Sozialversicherungen und die Finanzämter haben die Abgaben gestundet“, sagt Creditreform-Experte Gerhard Weinhofer zum KURIER. „Als diese ausgelaufen sind, sind die Pleiten mit Wucht gestiegen.“ Im ersten Quartal 2023 haben die Unternehmensinsolvenzen dann „nur“ noch um 28 Prozent zugenommen.
Vor allem die Teuerungen und der Personalmangel schlagen heuer auf die Unternehmen durch. So entfallen die meisten Pleiten auf den Bau (249 Fälle), gefolgt vom Handel und den Dienstleistern mit je 215 Fällen.
Keine Bereinigung
Nicht eingerechnet sind weitere 20.000 marode Unternehmen, die als sogenannte Zombieunternehmen eingestuft werden. Das entspricht 5,3 Prozent aller österreichischen Unternehmen. Sie haben zumindest die vergangenen drei Jahre negative Ergebnisse erzielt und konnten mittels der Coronahilfen die Krise durchtauchen. „Das sind Unternehmen, die zum Leben zu wenig, aber zum Sterben zu viel haben“, sagt Weinhofer. „Die Leben nach dem Prinzip Loch auf, Loch zu, die gehören eigentlich weg vom Markt.“
Kommentare