Wie der Mensch im 21. Jahrhundert wohnt

Wie der Mensch im 21. Jahrhundert wohnt
Die Gesellschaft verändert sich im 21. Jahrhundert in rasantem Tempo. So auch die Lebensräume.

„Auf einer abstrakten Ebene sind Zivilisationen mit komplexen Maschinen vergleichbar, deren Teile kontinuierlich repariert und ersetzt werden“, schreiben William A. Ewing und Holly Roussell in ihrem Buch „Civilization“, erschienen im Knesebeck Verlag. Eine Gesellschaft muss den Autoren zufolge ihre Lebenswelt pflegen, um die Bevölkerung zu ernähren, zu kleiden, zu behausen und vor Naturgewalten oder anderen Spezies oder Zivilisationen – also auch vor sich selbst – zu schützen.

Natur als reine Zierde

Diesen Ansatz habe sich die Gesellschaft über Jahrtausende und durch Milliarden von Entscheidungen „angelernt“. Eine Ausstattung aus Atombomben, Gentechnik oder künstlicher Intelligenz ist das Ergebnis. Die Reste, die von der Natur übrig bleiben, werden von Planern häufig als beiläufige Zierde gelassen.

Macht und Kontrolle

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Diese strenge Autorität kann sich sogar in unseren Lebensräumen widerspiegeln. Die ideale Darstellung laut den Autoren: der FIFA-Sitzungsraum in Zürich, fotografiert von Luca Zanier (Bild oben links). Es geht um Macht und Kontrolle. In diesem unterirdischen Konferenzraum treffen sich die FIFA-Entscheider. Der riesige Raum wird von einem Kronleuchter erhellt, der ein Fußballstadion repräsentieren soll. Ein Werkzeug, das Machtgefühle auslösen kann. Architektur symbolisiert dabei häufig auch Kontrolle: Wie das britische Galerien-Netzwerk Tate Modern, das ein riesiges ehemaliges Kraftwerk bezog.

Künstliches Licht als Kontrollsystem

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Doch auch Lichtinszenierung kann machtvoll sein. „Künstliches Licht ist der ultimative Triumph des Menschen über die Natur. Es macht ihn unabhängig von der Nacht. Offen ist, ob der Triumph Bestand hat oder wir alle enden wie Prometheus“, sagt Fotograf Thomas Weinberger. Künstliches Licht gaukelt uns oft vor, Zeit zu haben, nicht müde zu sein – auch eine angewandte Technik beispielsweise in Casinos, um Besucher länger im Gebäude zu halten, auch wenn es bereits spätabends oder nachts ist.

Bibliothek der Humboldt Uni

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Beeindruckend ist ebenfalls die Bibliothek der Humboldt Universität in Berlin – eine hochästhetisierte Aneinanderreihung von nützlichen „Lernplattformen“. Auf dem Bild ist die Ruhe vor dem Sturm ersichtlich, bevor der hohe Andrang von Studenten den Lesesaal füllt. Auch hier geht es den Autoren zufolge um Regulierung, Kontrolle und Anordnung. Wenn Nutzer hier beispielsweise ihren Platz für länger als eine Stunde verlassen, würde dieser geräumt.

Städtebaulich optimierte Wohntürme

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Doch Massen von Menschen bewegen sich sowohl vertikal wie auch horizontal – und das am besten schnell. Die Bewegung von Menschen und Gütern wird zunehmend städtebaulich optimiert. Das bringt riesige Wohntürme hervor, wie jene in Mexico City (kl. Bild rechts). Unsere Zivilisation will also auch architektonisch hoch hinaus.

Wie der Mensch im 21. Jahrhundert wohnt

Buchtipp

Alles, was der Wandel mit sich bringt, haben über 140 renommierte Fotografen festgehalten.  „Civilization. Wie wir heute leben“,  ist im Knesebeck Verlag erschienen, € 55

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