(K)ein Bett zum Teilen: Getrennt Schlafen
Gemeinsam ins Bett gehen, sich noch gegenseitig etwas vom erlebten Tag erzählen und dann eng umschlungen einschlafen. Eine romantische Vorstellung, die mit der Realität jedoch nur wenig zu tun hat. Vom Kopfpolster auf der anderen Seite hört man mitunter lautes Schnarchen, während man selbst wach liegt und verzweifelt Schäfchen zählt.
Unterschiede im Schlafverhalten
Tatsächlich gibt es wissenschaftlich nachgewiesene Unterschiede im Schlafverhalten zwischen Männern und Frauen. Jürgen Zulley ist deutscher Psychologe und Schlafforscher, er bestätigt: „Frauen haben einen etwas leichteren Schlaf, was auch dazu führt, dass sie häufiger Ein- und Durchschlafstörungen haben. Männer haben dafür häufig ein Schnarch-Problem.“ Gerade für Frauen bringt das gemeinsame Bett also nur wenige Vorteile. Im Gegenteil: Die Schlafqualität leidet darunter. Der oft erst spät geäußerte Wunsch nach getrennten Schlafzimmern oder Betten stellt viele Paare vor Herausforderungen. Denn für die Wohnsituation bedeutet das vor allem eines: Platz schaffen. Zwei separate Schlafzimmer benötigen Fläche, die oft nicht immer vorhanden ist.
Getrennte Schlafzimmer
Getrennte Schlafzimmer muss man sich also auch erst einmal leisten können. Und das war definitiv nicht immer so: „In unserer Evolutionsgeschichte waren wir eher Gemeinschaftsschläfer. Die Kernfamilie hat immer zusammen in einem Bett geschlafen. In den 50er Jahren waren die getrennten Betten dann eine Art Statussymbol,“ erklärt Elisabeth Oberzaucher, Verhaltensbiologin der Uni Wien. Damals spielte außerdem eine gewisse Prüderie eine Rolle, man sollte bestimmte körperliche Vorgänge des anderen Geschlechts nicht mitbekommen. Das ist heute kein Kriterium mehr.
Individualismus
Aber: „Unsere Gesellschaft bewegt sich sehr in Richtung Individualismus. Und natürlich kann ich mich in einem Zimmer, das nur ich nutze, ganz anders selbst verwirklichen. Ich muss auf niemanden Rücksicht nehmen“ , so Oberzaucher.
Der richtige Abstand
Jürgen Zulley ist sogar überzeugt davon, dass sich getrennte Schlafzimmer positiv auf die Beziehung auswirken können: „Man braucht den richtigen Abstand als Paar. Dazu gehört auch, dass man Zeit und Ruhe für sich alleine hat.“
Raumgestaltung
Für die Raumgestaltung ist der Wunsch nach dem eigenen Schlafraum eine besondere Herausforderung. Denn nicht immer ist der nötige Platz dafür gegeben. „Viele Kunden bevorzugen mittlerweile getrennte Schlafzimmer. Man braucht dann aber einen anderen Grundriss. Statt einem großen Schlafzimmer sind es dann eben zwei kleinere Räume“, erklärt die Architektin und Innenraumgestalterin Ines Schmitzer von der Raumgestalterei in Wien. Da die wenigsten Wohnungen jedoch so aufgebaut sind, ist für viele Paare das eigene Schlafzimmer erst möglich, wenn zum Beispiel die Kinder bereits ausgezogen sind.
Raumteiler als Lösung
Es gibt aber auch einfachere Lösungen. Viele große Räume lassen sich mit modernen Raumteilern, Vorhängen, Schiebetüren oder Bücherregalen voneinander trennen. „Diese separaten Bereiche kann man dann ganz individuell gestalten. Dafür wird dann aber zum Beispiel im Wohnzimmer auf dem Sofa darauf geachtet, hier gemeinsam und aktiv Zeit miteinander zu verbringen“, so Schmitzer. Bei den Schlafzimmermöbeln wird neuerdings immer öfter nach 1,40-Meter-Betten und 1,20 er Betten gefragt, bestätigt die Raumgestalterin.
Rückzugsorte
Für Paare sind eigene Ecken und Räume in der Wohnung essenziell. Aufgrund der momentanen Situation verbringen viele Paare mehr Zeit als gewöhnlich miteinander in den gemeinsamen vier Wänden. Da kann es schnell zu Konflikten kommen. Sie möchte gerne in Ruhe ein Buch auf dem Sofa im Wohnzimmer lesen, er möchte daneben gerne mit Musik trainieren. Jürgen Zulley empfiehlt hier ganz klar, Bereiche zu definieren: „Entweder man hat genug Platz in der Wohnung, und damit seine eigenen Räume, oder man sucht sich bewusst solche Ecken. Zum Beispiel eine Leseecke, in der man ungestört lesen kann.“ Laut Zulley ist es jedoch wichtig, das vorher mit dem Partner abzusprechen und sich dann daran zu halten. Auch Ines Schmitzer rät Paaren zu eigenen Rückzugsorten:„ Es geht vor allem um die eigene Gestaltung, ohne dass der Partner eingreift.“ Außerdem ist die Architektin überzeugt, dass sich dieser Trend halten wird: „Es fördert das Individuelle und es ist oft schöner, gezielt Zeit miteinander zu verbringen.“
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