Immobilienkredite: Die Zinsen sind deutlich gestiegen
Waren im Mai vor einem Jahr noch variabel verzinste Kredite ab 0,47 Prozent nominal und Fixzinskredite mit einer Laufzeit von 30 Jahren und einer Fixzinsphase von 20 Jahren um 1,75 Prozent (nominal) zu haben, so hat sich das grundlegend geändert. Alexander Meixner, Geschäftsführer von Creditnet.at: „Die hohe Inflation hat die EZB unter Zugzwang gebracht und diese hat seit Juli 2022 die Zinsen deutlich angehoben.“ In sechs Zinsschritten hat sie den Leitzins in der Eurozone von Null auf aktuell 3,5 Prozent hochgeschraubt. Das hat massive Auswirkungen bei den Kreditzinsen.
Fixzinsen günstiger
Meixner: „Eines ist aktuell besonders auffällig. Aufgrund einer inversen Zinskurve sind Fixzinskredite günstiger als Kredite mit einer variablen Verzinsung.“ Aktuell sind zum Beispiel bei der UniCredit Bank Austria, dem aktuell günstigsten Anbieter am Markt, Kredite mit einem Fixzinssatz mit einer Laufzeit von 25 Jahren und einer ebensolangen Fixzinsphase mit einem Nominalzinssatz von 3,5 Prozent zu haben.
Für einen variabel verzinsten Kredit verrechnet die UniCredit Bank Austria derzeit einen Aufschlag von 0,875 Prozent zum Drei-Monats-Euribor. Aktuell wird damit also ein Nominalzinssatz bei einer Laufzeit von 25 Jahren von 4,125 Prozent fällig. Daniela Barco, Vorständin für Privatkunden der Bank Austria: „Historisch betrachtet und im internationalen Vergleich bewegen sich die Leitzinsen im Euroraum immer noch in einem vertretbaren Ausmaß.“
Strengere Richtlinien
Der Immobilienboom der vergangenen Jahre und die steigende Zahl der Hypothekarkredite war darüber hinaus der Finanzmarktaufsicht ein Dorn im Auge und 2022 wurden die Vergabekriterien für Immobilienkredite deutlich verschärft. Für den Kauf einer Immobilie müssen nun 20 Prozent des Kaufpreises (inklusive Nebenkosten) in Form von Eigenkapital von den Kreditwerbern nachgewiesen werden und die monatliche Kreditrate darf höchstens 40 Prozent des monatlichen verfügbaren Nettohaushaltseinkommens ausmachen.
Auch die Laufzeit der Finanzierung darf 35 Jahre nicht übersteigen. Das schwierigere Umfeld und die strengeren Regelungen hinterlassen deutliche Spuren am Immobilien- und auch Finanzierungsmarkt. Barco: „Der Gesamtmarkt bei der Immobilienkreditvergabe ist aufgrund der hohen Inflation, der gestiegenen Baukosten, der Lieferschwierigkeiten, des angespannten Immobilienmarktes, der gestiegenen Zinsen und auch der neuen Bestimmungen zur Kreditvergabe um über 50 Prozent zurückgegangen.“
Kleine Reform
Nachdem die sogenannte Kredit-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (kurz KIM-VO) deutliche Einschnitte und Erschwernisse bei der Kreditvergabe brachte, hat man diese mit Wirkung 1. April noch einmal angepasst. Dabei wurden einige besonders kritisierte Details entschärft. Zum Beispiel werden Zwischenfinanzierungen erleichtert. Wechseln etwa Kreditnehmer und deren Angehörigen den Wohnsitz und die alte Immobilie wird verkauft, um eine neue anzuschaffen, soll die für die Neuanschaffung nötige Zwischenfinanzierung vom Anwendungsbereich der KIM-VO ausgenommen werden. Die Zwischenfinanzierung darf dabei bis zu 80 Prozent des geschätzten Marktwerts der zu veräußernden Immobilie betragen und für maximal zwei Jahre vereinbart werden. Auch die Geringfügigkeitsgrenze von 50.000 Euro für Paare für kleinere Immobiliensanierungen gilt nun eine 50.000-Euro-Grenze pro Person.
Christiane Flehberger, Privatkunden-Chefin der Raiffeisen Stadtbank Wien: „Die minimalen Lockerungen der Kim-VO sind unbefriedigend. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sie Faktoren wie etwa das Alter der Kreditnehmer nur ungenügend berücksichtigt. Dadurch stehen viele Jungfamilien vor einer großen Hürde am Weg zum Eigenheim.“
Auch bei der Bank Austria sieht man dringenden Handlungsbedarf vonseiten der Finanzmarktaufsicht. Barco: „Die gesamte Branche hat höhere Ausnahmekontingente insbesondere für die Schuldendienstquote und Erleichterungen insbesondere für Jungfamilien gefordert. Schon eine geringfügige Anhebung der Schuldendienstquote würde eine deutliche Verbesserung bringen.“
Kredit-Innovationen
Um den Restriktionen der KIM-VO zu begegnen, arbeiten die Banken intensiv an alternativen Finanzierungsprodukten zum klassischen Wohnkredit. Flehberger: „Eine Option ist die stärkere Einbeziehung mehrerer Generationen in einen Kreditvertrag – beispielsweise, wenn Eltern ihren Kindern beim Wohnungskauf mit Eigenmitteln aushelfen. Wir wollen den Eigentumsaufbau ermöglichen und den Generationen-Gedanken in ein Produkt-Angebot gießen, um unseren Kunden weiterhin konkrete Lösungen anbieten zu können.“
Weiterer Zinsanstieg
Doch das Zinskarussell wird sich weiter drehen. Flehberger: „Konkret erwarten wir eine weitere Anhebung der Leitzinsen um 25 Basispunkte im zweiten Quartal. Mit einem Niveau von dann 3,75 Prozent im Hauptrefinanzierungssatz bzw. 3,25 Prozent im Einlagesatz sollte aus unserer Sicht aber der Zinsgipfel erreicht sein. Eine Zinswende schon im Jahre 2023 erwarten wir nicht, sondern ein Verharren auf diesem Niveau zumindest bis zum Jahresende 2023.“ Letztendlich bedeutet das, dass Eigenheimfinanzierungen in den nächsten Monaten noch teurer werden. Meixner: „Wer also eine Immobilie kaufen will, sollte schnell zuschlagen, bevor sich die Konditionen für Hypothekarkredite noch weiter verschärfen.“
Bausparkassen spielen wieder mit
Durch das niedrige Zinsniveau waren die Bausparkassen lange Zeit keine Alternative mehr bei der Immobilienfinanzierung. Doch durch die Zinsanhebungen hat sich das deutlich geändert. Heute sind Bausparkassen nicht nur als geförderte Sparform wieder im Rennen, sondern auch bei der Finanzierung bei Immobilien.
Grundsätzlich ist ein Bausparvertrag eine staatlich geförderte Form des Sparens. Aber Bausparen besteht in der Regel aus zwei Phasen: Spar- und Auszahlungsphase. Meist wird über sechs Jahren in regelmäßigen monatlichen oder jährlichen Raten eine gewünschte Summe angespart. Am Ende der Sparphase verfügen die Kunden dann über einen Grundstock an Eigenkapital, welcher für den Kauf einer Immobilie eingesetzt werden kann.
Gute Konditionen Aktuell sind die Finanzierungskonditionen nicht unattraktiv. Der aktuelle Kreditzinssatz mit einer Fixzinsphase von 20 Jahren liegt zwischen 4,20 und 4,375 Prozent. Marcus Kapun, Chef der start:bausparkasse: „Das österreichische Bausparsystem steht für Sicherheit und Stabilität. Das bedeutet, dass Bausparprodukte traditionell einen Schutz vor unerwarteten Ereignissen in der Zinslandschaft bieten. So sind langfristige Fixzinsdarlehen oder die traditionelle sechsprozentige Zinssatzobergrenze für die Dauer von 20 Jahren längst zum Markenzeichen einer Bausparfinanzierung geworden.“ Bei der start:bausparkasse gibt es sogar noch Fixzinsdarlehen mit besonders langen Fixzinsphasen von bis zu 30 Jahren. Auffällig ist auch, dass die Bausparkassen sehr kreativ bei der Rückführung sind. Sie bieten zum Beispiel auch Zins- und Staffelraten an.
Wenig Spielraum
Ein Nachteil bei den Bausparkassen ist, dass es bei den üblicherweise verhandelbaren Nebenkosten eines Kredites kaum Spielraum gibt. Zudem ist auch die Höhe eines Bausparkredites mit 240.000 Euro nach oben hin beschränkt, was angesichts der enorm gestiegenen Immobilienpreise zu einer echten Herausforderung werden kann. Diese Grenze gilt jedoch nur für die Standardprodukte, aber alle Bausparkassen bieten heute Sonderprodukte ohne Limits an. Darüber hinaus sind Bausparkassen bei der Bonitätsprüfung der Kunden streng und der benötigte Eigenmittelanteil liegt in der Regel sogar über 20 Prozent.
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