Haus bauen oder Wohnung kaufen: Ist das heute noch finanzierbar?
„Wir wussten sehr früh, dass wir uns Eigentum anschaffen wollen und haben deshalb schon während des Studiums versucht zu sparen“, erzählt David Aykler. Der Mittdreißiger hat gemeinsam mit seiner Frau vor fünf Jahren eine Dreizimmerwohnung mit Balkon in Floridsdorf gekauft. „Unsere damalige Mietwohnung war günstig, darum hatten wir es nicht eilig. Beim Laufen hat meine Frau dann dieses Neubauprojekt entdeckt. Die Qualität der Anlage hat uns überzeugt.“
Finanziert wurde mittels Kredit, ein Drittel Eigenmittel hatte das junge Paar bereits angespart. „Wir sind beide berufstätig und verdienen gut, aber wir leben dennoch sparsam. Kein schickes Auto oder teure Urlaube. Unsere Prioritäten liegen einfach woanders“, gibt der Architekt zu. Zum Beispiel bei der vierjährigen Tochter des Paares. „Unser Alltag ist natürlich auch durch die Aufteilung der Kinderbetreuung bestimmt.“ Falls die junge Familie noch wachsen wird, müsste irgendwann eine größere Wohnung her. „Im Moment ist das kein Thema für uns, doch in spätestens fünf Jahren ist die Wohnung abbezahlt. Dann wäre auch eine Vergrößerung möglich“, so Aykler.
Weniger Glück hatte Familie Fröschl. Ihre Eigentumswohnung im dreizehnten Bezirk sollte als Sicherheit für einen Baugrund in der Nähe dienen. Doch obwohl das Ehepaar, beide sind berufstätig, über ein hohes Haushaltseinkommen verfügt, scheiterten sie an der Finanzierung.
„Da wir im Umkreis der Familie bleiben wollen – mit drei Kindern ist auch die Infrastruktur für uns wichtig – würde uns ein Haus mittlerweile weit über 700.000 Euro kosten. Als wir vor zwei Jahren mit unserer Suche begonnen haben, war das noch nicht so schlimm“, erzählt Frau Fröschl. Für sie ist der Traum vom Haus mit Garten vorerst geplatzt.
Geplatzter Traum vom Eigenheim
So wie dieser Familie geht es aktuell vielen Paaren und Familien. Denn die Rahmenbedingungen für die Finanzierung von Wohnträumen haben sich in den vergangenen Monaten massiv geändert: Jahrelang waren Wohnkredite sehr günstig, die Zinsen niedrig. Damit war es Anfang 2022 aber vorbei, die Zinsen haben sich seither verdreifacht. Der Kauf oder Bau eines Hauses oder einer Wohnung hat sich damit spürbar verteuert.
Hinzu kommt, dass Banken restriktiver geworden sind bei der Vergabe von Wohnkrediten. Die sogenannte KIM-Verordnung, die am 1. August 2022 in Kraft getreten ist, schreibt Bonitätskriterien vor, an die sich Banken zu halten haben. Konkret, dass Kreditnehmer 20 Prozent der Kreditsumme als Eigenkapital vorlegen müssen, die Kreditlaufzeit 35 Jahre nicht übersteigen und die monatliche Kreditrate nicht mehr als 40 Prozent des Einkommens ausmachen darf.
Gründe für eine Kreditablehnung sind aber nicht nur die fehlenden Sicherheiten. In vielen Fällen scheitert eine Finanzierung daran, dass die Rückzahlungsfähigkeit nicht nachgewiesen werden kann.
Das Preisniveau bei Wohnimmobilien in Österreich ist nach wie vor hoch. Seit Jahren steigen die Kaufpreise Jahr für Jahr, meist im zweistelligen Bereich. Erst seit Jahresbeginn stagnieren Bestandsimmobilien zwar preislich auf hohem Niveau, doch Neubauten verteuern sich auch künftig. Denn die Preise für Baumaterialien sind hoch und steigen auch 2023 weiter, wie aktuelle Zahlen der Statistik Austria belegen. Bauleistungen wie Dachabdichtungsarbeiten, Klebearbeiten für Böden, Wandbeläge, Elektroinstallationen sowie Gas- und Wasserinstallationen sind im ersten Quartal 2023 einmal mehr teurer geworden.
Wie der Traum vom Eigentum trotz dieser Rahmenbedingungen und mit wenig Budget gelingen kann, zeigt Martina Vogl vor. Sie hat sich vor Kurzem ihren großen Wunsch nach einem Eigenheim erfüllt und ein Kleingartenhaus in Wien-Leopoldstadt gebaut. Der Weg dahin war allerdings ein langer und steiniger. Schon vor mehr als 20 Jahren hat die Versicherungsmathematikerin den Pachtgrund in der Kleingartenanlage erworben, immer mit dem Wunsch, hier ein Haus zu bauen und zu leben.
Aber es blieb für die Familie viele Sommer lang die „Gartenresidenz“. Erst mit 47 Jahren entschied sich die Wienerin, das Projekt Eigenheim zu starten. Die Finanzierung musste sie alleine stemmen. Der Kredit läuft auf 20 Jahre. Weil es keinen Eigengrund und damit keine Sicherheiten gibt, musste die Wienerin schon bei Vertragsabschluss 2019 Eigenmittel bei der Bank nachweisen und der Zinssatz war mit 3,5 Prozent höher als damals üblich. „Eine psychische Belastung ist schon da“, gesteht sie, denn den Kredit muss sie auch dann noch zurückzahlen, wenn sie bereits in Pension ist.
Die Vorteile bei ihrem Projekt: Sie musste kein Grundstück finanzieren, die Wohnfläche war aufgrund des Kleingartens limitiert. Viele Bauarbeiten hat sie aus eigener Kraft geleistet, gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten. „Jede freie Minute, jedes Wochenende und die Urlaube gingen für den Hausbau drauf. Das war eine körperliche Herausforderung“, erzählt sie. Eingezogen ist sie im Herbst 2020, Eingangstor und Zugangsweg wurden erst im Sommer darauf gemacht genauso wie die Terrasse. Und es gibt noch immer eine Menge zu tun: Der Zaun muss erneuert und schließlich soll auch noch der Garten schön gestaltet werden. „Ich freue mich darauf, wenn die Erdhaufen endlich verschwinden und ich barfuß über eine Wiese laufen kann. Aber es braucht Geduld. Der Kredit ging für den Hausbau drauf und jetzt wird jedes Jahr ein gewisser Betrag angespart, um wieder einen Abschnitt fertig zu bekommen.“
War früher alles leichter?
Wer ohne Erbschaft oder finanziellen Rückhalt in der Familie dasteht, für den bleibt Eigentum häufig ein Wunschtraum. Nur wenn man einen sparsamer Lebensstil pflegt und jahrelang bewusst Geld zur Seite legt, kann man sich heute den Kauf im Bestfall leisten. Jene, die auch noch in der Lage sind, selbst auf der Baustelle anzupacken, haben bessere Chancen. Wer außerdem flexibel ist, was die Lage der Immobilie betrifft und nicht unter Zeitdruck sucht, ist im Vorteil.
Früher war alles leichter. Diese Behauptung lähmt ganze Generationen. Ältere seufzen verträumt, wenn es um die gute alte Zeit geht, Jüngere verzweifeln ob der Ungerechtigkeit, dass sie es schwerer haben. Die einen geben die Hoffnung nicht auf und suchen seit Jahren eine erschwingliche Wohnung, andere haben den Traum vom Eigenheim längst abgeschrieben.
Doch war Eigentum früher wirklich leistbarer? Fest steht, die Kaufpreise sind in den vergangenen Jahren rapide gestiegen. Im weltweiten Durchschnitt betrug der Anstieg von 1995 bis 2022 rund 161,5 Prozent. Gleichzeitig stiegen die Nettoeinkommen im selben Zeitraum noch stärker, nämlich um 168,2 Prozent, geht aus dem Erschwinglichkeitsindex der OECD hervor.
Hierzulande ist der Wert eines Jahresnettoeinkommens in Relation zu den Wohnungskaufpreisen seit Beginn der Pandemie real um rund 13 Prozent gesunken, beziffern Ökonomen der Unicredit Bank Austria. Ein unselbstständig Beschäftigter muss derzeit mehr als 15 Jahresgehälter für eine Eigentumswohnung mit rund 100 Quadratmeter aufbringen, vor der Pandemie waren es noch eineinhalb Jahresgehälter weniger. Das bedeutet: Auf lange Sicht gesehen können sich die Menschen heute mehr leisten als vor 30 Jahren. Doch in jüngster Vergangenheit (Pandemie) kehrt sich der Trend in Österreich wieder etwas um. Der Stehsatz „früher war alles besser“ stimmt also nur bedingt.
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