IHS rät zu Arbeitsstiftungen für Digitalisierungsopfer

IHS rät zu Arbeitsstiftungen für Digitalisierungsopfer
Nur 9 Prozent üben in Österreich Tätigkeiten aus, die Roboter ersetzen könnten. Am Ende dürfte es mehr Jobs statt weniger geben.

Wer die Digitalisierung stoppen wollte, würde riskieren, dass keine neuen Hochtechnologie-Arbeitsplätze entstehen. Und die traditionellen trotzdem wegfallen, warnte Martin Kocher, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), am Mittwoch: „Es käme auch niemand auf die Idee, Waschmaschinen abzuschaffen, damit die Wäscherinnen am Fluss ihren Job zurückerhalten.“

Österreich sei bei der Digitalisierung noch nicht so weit, wie ein Hochlohnland an sich sein sollte.

Das IHS ortet eine verzerrte öffentliche Debatte: Dort stehe stets der Verdrängungseffekt für Jobs im Vordergrund. Unterschlagen werde, dass Produktivitätsgewinne die Herstellung besserer und günstigerer Produkte ermöglichen. Wodurch neue Jobs entstehen. Teilweise in Bereichen, die noch gar nicht absehbar sind.

IHS rät zu Arbeitsstiftungen für Digitalisierungsopfer

Nach Industrie auch Dienstleistungen

Für Österreich ergaben Schätzungen, dass neun Prozent der Beschäftigten oder 360.000 Personen ein Tätigkeitsprofil aufweisen, das „ein hohes Potenzial hat, durch Maschinen ersetzt zu werden“, schreibt das IHS. Bisher galt das vor allem für Industriearbeitsplätze; diese Arbeiter konnten in Dienstleistungsberufen unterkommen. Das könnte sich ändern, denn über Künstliche Intelligenz und Maschinenlernen dringt die Automatisierung auch vermehrt in den Servicesektor ein.

Wie viele neue und oftmals höherwertige Jobs dazu kommen werden, können indes auch die Ökonomen kaum abschätzen. Die historische Erfahrung lehre zumindest, dass der Techologie-Wandel tendenziell zu mehr Beschäftigung führe statt zu weniger, sagte IHS-Experte Helmut Hofer.

Beispiel Lkw- und Taxifahrer

Falls Jobverluste in Branchen plötzlich und gehäuft auftreten, rät das IHS, Arbeitsstiftungen zu installieren, wie sie sich seit der Krise der Stahlindustrie in den 1980ern    vielfach bewährt haben. Diese sollen den Betroffenen durch gezielte Umschulungen und Trainings eine Neubeginn erleichtern. Ein mögliches Beispiel sei Autonomes Fahren, das Lkw- oder Taxilenker verdrängen könnte.

Generell anzuraten seien für die Politik verstärkte Investitionen in die Bildung, überraschenderweise vor allem im frühkindlichen Bereich und in den Volksschulen. Nicht etwa, weil schon die Allerkleinsten Digitalisierung lernen sollten – sondern weil eine gute Ausbildung nötig sei, um später flexibel auf Anforderungen reagieren zu können. Und da gilt die Devise: Je früher bei der Förderung angesetzt wird, umso besser fallen die Bildungsergebnisse aus.

Solides Wachstum

In der Mittelfristprognose von 2019 bis 2023 erwartet das IHS für Österreich ein solides BIP-Wachstum von jährlich durchschnittlich 1,6 Prozent, mehr als im Euroraum und Deutschland. Der Konsum bleibt eine Konjunkturstütze, während die Investitionen und der Außenhandel durch die globale Verunsicherung und den Handelsstreit etwas gedämpft werden.

Der Wermutstropfen: Die Arbeitslosenquote bleibe in Österreich bei vergleichsweise hohen 7,2 Prozent.

Der Budgetausblick des IHS sieht am Ende des Prognosezeitraums 2023 einen Überschuss von 1,5 Prozent vorher, das wären rund fünf Milliarden Euro im Jahr. Damit wäre der Spielraum für eine Steuerreform gegeben, die den Faktor Arbeit deutlich und die Unternehmen etwas entlasten sowie eine Ökologisierung beinhalten sollte. Diese Budgetprognose beruht allerdings auf der Annahme, dass keine neuen Ausgaben beschlossen würden.

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