IHS-Chef sieht "politischen Verteilungskonflikt" nach Pandemie

IHS-Chef Martin Kocher
Ökonom Martin Kocher fürchtet Deflation mehr als Inflation. Sein Nachkrisen-Rezept: Sparen und "Herauswachsen" aus den Schulden.

Der KURIER sprach mit Wirtschaftsforscher und IHS-Chef Martin Kocher über "richtige" Schulden, nötige Reformen und die Angst vor der Hyperinflation.

KURIER: Deutschlands Finanzminister Scholz sagt, er könne sich vorstellen, noch viel mehr Schulden zu machen. Entscheidend sei, das Geld für Zukunftsinvestitionen, für neues Wachstum auszugeben. Richtig?

Martin Kocher: Aufgrund der geringen Zinsen, die wir auf die Staatsschuld zahlen, haben wir viel mehr Spielraum als vor 20 Jahren. Und es stimmt, wenn diese Verschuldung aufgenommen wird, um langfristige Investitionen in die Zukunft, in die Infrastruktur, in die Digitalisierung, in die Bekämpfung des Klimawandels zu tätigen, dann hat man möglicherweise auch mit höheren Schulden kein Problem.

Österreichs Schuldenstand steigt 2021 in Richtung 350 Milliarden Euro. Ist das nicht eine bedrohliche Entwicklung?

Das ist kurzfristig für Österreich nicht bedrohlich, weil wir ein guter Schuldner sind. Wir können uns zu günstigen Zinsen verschulden. Die Schuldpapiere Österreichs werden auch gerne gekauft. Das Problem ist die langfristige Komponente. Die Schulden, die wir jetzt machen, um die Krise zu bekämpfen: Dieses Geld kann nicht noch einmal ausgegeben werden für Zukunftsinvestitionen. Die Balance zu finden, zwischen der Notwendigkeit die Wirtschaft zu retten und gleichzeitig die Zukunftsfähigkeit des Landes zu stärken, das ist die schwierige Aufgabe, vor der die Politik jetzt steht.

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