IEA-Chef: "China hat der Welt einen großen Dienst erwiesen"

Fatih Birol war ab 1995 Chefökonom der IEA, im September 2015 wurde er zum Vorsitzenden. Die inzwischen dritte Amtszeit in der Position läuft noch bis 2027.
Fatih Birol sprach mit dem KURIER über günstige chinesische Elektroautos, EU-Zölle, russisches Gas und die Energiewende als wirtschaftliche Notwendigkeit.

Fatih Birol ist Chef der Internationalen Energieagentur (IEA) mit Sitz in Paris. Diese Kooperationsplattform der Industriestaaten wurde 1974 als Reaktion auf die Ölkrise ins Leben gerufen. Ihre Berichte und Analysen sind wichtige Bezugsgrößen für Energiepolitik und Energiewirtschaft.

Im Laufe der Jahre passte die IEA ihren Fokus an die gewandelten Herausforderungen an. Neben der Versorgungssicherheit mit Erdöl, Gas und Kohle gewannen der Umbau der Energiesysteme hin zu erneuerbaren Technologien und die Erreichung der Klimaziele an Bedeutung.

KURIER: Im Zuge der EU-Wahl kam es zu einem Rechtsruck. Erwarten Sie, dass der „Green Deal“ Bestand hat?

Fatih Birol: Ja, die politischen Kräfte, die den Klimawandel als hohe Priorität sehen, haben die Mehrheit. Aber Europa sollte die Energiewende selbst dann vorantreiben, wenn man alle ethische Überlegungen außer Acht lassen würde. Die europäische Industrie kann es sich nicht leisten, bei der Modernisierung hinter der US-amerikanischen und der chinesischen zurückzubleiben. Die Nachfrage nach den alten Technologien wird sinken, die nach neuen Technologien wird ansteigen. Europa muss also saubere Technologien vorantreiben, weil es die Jobs braucht. Dass China heutzutage bei sauberen Technologien führend ist, liegt nicht nur daran, dass es die Klimakrise abwenden will – sondern das ist Industrie- und Beschäftigungspolitik.

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