Höhere Lohnkosten machen Bauen jetzt noch teurer
Hohe Materialkosten, steigende Energiekosten, die saftige Inflation, die gestiegenen Zinsen und jetzt auch noch ab Mai um 9,5 Prozent erhöhte Lohnkosten – das Bauhauptgewerbe und die Bauindustrie haben massive Kosten zu schultern.
Rund 100.000 Fachkräfte am Bau profitieren von der Kollektivvertragserhöhung. „Aufs Erste ist es eine schlechte Nachricht für die Bauwirtschaft, weil die Bauwirtschaft schwächt sich mehr und mehr ab, bedingt durch den großen Zinsanstieg“, sagt Wifo-Experte Marcus Scheiblecker zum KURIER.
Bauvolumen rückläufig
„Wir haben schon in der Vergangenheit einen Anstieg der Baupreise gesehen und dieser Lohnabschluss wird weitergegeben werden. Somit ist bei den Baupreisen keine Abwärtsdynamik in der kommenden Zeit zu erwarten.“
Stiegen die Baupreise im Vorjahr um 11,8 Prozent, so werden es laut Wifo heuer sieben Prozent und im nächsten Jahr weitere fünf Prozent sein. Dabei soll das Bauvolumen im Wohnungsneubau heuer um 2,7 Prozent zurückgehen, für die gesamte Baubranche sollte das Bauvolumen heuer plus 0,3 Prozent betragen. Diese Prognose hält das Wifo nicht weiter aufrecht. Die Dynamik werde mittlerweile schwächer eingeschätzt. Indes könnte der Mindestlohn (siehe unten) helfen, den Facharbeitermangel zu lindern.
Sozialpartner
Die Sozialpartner – Bauinnung und Gewerkschaft – verteidigen den aktuellen Lohnabschluss. „Es würde kein Mitarbeiter von uns verstehen, wenn er unter diesen Vorzeichen, wie sie derzeit am Markt sind, keine Lohnerhöhung erhält“, sagt Bauinnungsmeister Robert Jägersberger zum KURIER. „Wir haben eine rollierenden Inflation von 9,5 Prozent, die in allen Verhandlungen maßgeblich war, weil leider die Regierung nicht Maßnahmen gesetzt hat, um den Verbraucherpreisindex und die Kostenexplosion zu senken.“
Preisanpassung
„Ich verstehe schon, dass der Unternehmer nicht sagt, ich bin ein Wohltäter und schlucke die zehn Prozent. Da brauchen wir nicht herumdiskutieren“, sagt Baugewerkschafter Josef Muchitsch. „Bei erhöhten Materialkosten und Energiepreisen wird nicht so viel diskutiert, als wenn Menschen, die von der Teuerung betroffen sind, sagen, sie wollen eine Abgeltung haben.“ Nachsatz: „Es wurde ein Lohnabschluss auf Augenhöhe und mit Vernunft erreicht.“
Fakt ist: Bei Verträgen mit fixen Preisen können die erhöhten Lohnkosten nicht weitergeben werden, die Erhöhung geht zulasten der Gewinnspanne des Bauunternehmens. „Bei vertraglichen Gleitpreisen werden die Preise angepasst“, sagt Jägersberger. „Leider wird das Bauen dadurch teurer werden.“ Das war zwar auch schon in den vergangenen Jahren so, aber die Verteuerung entsprach der Inflation in Höhe von ein, zwei oder drei Prozent jährlich.
Energiepreise, Materialkosten und CO2-Steuer – es werde laut Jägerberger „alles unternommen, um die Kosten für die Bauwirtschaft zu erhöhen“. Man sei seit zwei Jahren im Krisenmodus und über die Corona-Krise mit einem blauen Auge davon gekommen. „Dass die Materialkosten gestiegen sind, hat uns getroffen, weil diese in bestehenden Projekten nicht eins zu eins an den Konsumenten weitergegeben werden konnten, bei neuen Projekten schon“, sagt der Innungsmeister.
Finanzielle Latte
„Wir als Bauträger sind unglücklich über alles, was kostensteigende Maßnahmen sind“, sagt Gerald Hommer, Präsident des Bauträgerverbands Oberösterreichs. „Die Lohnsteigerung ist nicht wegzudiskutieren und wird von der Bauwirtschaft zu kalkulieren sein. Ob man das eins zu eins weitergeben kann, das bezweifle ich.“ Nachsatz: „Die Bauträger haben damit zu kämpfen, dass sie Produkte erzeugen, die sie am Markt noch unterbringen können.“ Bei den Kaufpreisen – ausgenommen Luxusimmobilien – gibt es eine finanzielle Latte. Wenn diese überschritten werde, sei der Großteil der eigentumsuchenden Bevölkerung überfordert.
Auch Anton Holzapfel vom Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft sagt: „Die Branche wird sich immer mehr überlegen, was kann ich überhaupt bauen und wo kann ich den Preis an die Kunden weitergeben, wenn ich an den Verkauf denke.“ Er befürchtet auch, dass die Haussanierungen teurer werden. Der Kollektivvertrag für das Baunebengewerbe wurde nämlich im Februar um 9,8 Prozent erhöht.
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