Trotz Mehrwertsteuer-Senkung sind viele Speisen und Getränke über dem Sommer sogar noch teurer geworden – insbesondere in den Tourismusregionen. Der Eindruck wird vom Verbraucherpreisindex bestätigt. Demnach mussten Gäste für den Wirtshausbesuch im August 3,7 Prozent tiefer in die Tasche greifen als vor einem Jahr. Damit lagen die Gastro-Preise weit über der allgemeinen Inflation von 1,4 Prozent.
Die Arbeiterkammer (AK) spricht von „gesalzenen Preisen“: „Das ist wohl kein richtiges Signal, mehr Gäste ins Wirtshaus zu locken“, sagt AK-Experte Reinhold Russinger. Er verweist auf den EU-Länder-Vergleich von Eurostat, wonach das Preisniveau in Österreich für Restaurant- und Hotel-Dienstleistungen im oberen Viertel liege. Die Verteuerungen würden gerade in der Krise viele Menschen hart treffen. Die AK will die Wirtshauspreise genau im Auge behalten.
- Betriebe
Ziel der Steuer-Maßnahme sei immer eine „Subvention der Unternehmen“ gewesen, eine Verlängerung daher richtig, argumentiert IHS-Ökonom Helmut Hofer. Ähnlich sieht es der wirtschaftsliberale ThinkTank Agenda Austria. „Viele Betriebe haben mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen. Insofern hilft diese Maßnahme einmal erstens den Unternehmen und zweitens jenen Arbeitnehmern, die so ihre Jobs behalten können“, sagt Agenda-Ökonom Hanno Lorenz.
Zusätzlicher Konsum werde durch die Maßnahme vermutlich weniger ausgelöst. Auch aufgrund der unsicheren Zukunft. Gastronomie-Branchensprecher Mario Pulker bezeichnet die Verlängerung als „Lichtblick in einer fordernden Zeit“. Die Branche sei durch die verschärften Corona-Maßnahmen ohnehin schwer gebeutelt.
- Gesamtwirtschaft
Ökonomen sind sich uneinig, ob eine Mehrwertsteuer-Senkung tatsächlich den Konsum ankurbelt oder ob nicht andere Maßnahmen den Betrieben mehr helfen. Erste Erkenntnisse aus Deutschland nach der – generellen – Satz-Senkung (von 19 auf 16 Prozent) zeigen, dass der Umsatzschub ausblieb. Statt eines Wachstums gab es im Handel im Juli ein leichtes Minus gegenüber Juni. Anders als in Österreich wirkte die Senkung aber preisdämpfend. Die August-Inflation war mit 0,1 Prozent negativ. Wegen der hohen Kosten von 20 Mrd. Euro will Deutschland die Maßnahme mit Jahresende auslaufen lassen.
Im heimischen Finanzministerium rechnet man damit, dass die Verlängerung – je nach Ausgestaltung – rund eine Mrd. Euro kosten wird. Wie hoch der Steuerentfall für den Staat endgültig sein wird, „ist noch nicht abschließend prognostizierbar“, heißt es. Die Tatsache, dass so manch Gastro-Betrieb den abgesenkten Mehrwertsteuersatz von 5 Prozent noch immer nicht korrekt auf der Rechnung anführt, nimmt man im Ministerium locker. Um Bürokratieaufwand gering zu halten ist es auch erlaubt, die 5 Prozent auch händisch auf der Rechnung anzuführen.
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