Mehrwertsteuersenkung: Kritik am österreichischen Modell

Mehrwertsteuersenkung: Kritik am österreichischen Modell
Agenda Austria: Generelle Steuersenkung wie in Deutschland wäre bessere Lösung gewesen

Die seit Anfang Juli gesenkte Mehrwertsteuer für Gastronomie, Hotellerie und diverse Kultureinrichtungen sorgt für Kritik. Die Unterstützung einzelner Branchen gilt laut Experten als Beihilfe, daher bedarf es der Genehmigung seitens der EU-Kommission. Das deutsche Modell, dass eine generelle Senkung der Mehrwertsteuer vorsieht, hat dieses Problem nicht.

Durch eine Novelle des Umsatzsteuergesetzes wurde von Anfang Juli bis Ende des Jahres in Österreich der Steuersatz unter anderem für Getränke und Speisen in der Gastronomie, für Theater- und Kinokarten, aber auch für Kunstwerke, Bücher, Zeitungen, Zoos und Naturparks auf fünf Prozent reduziert. In Deutschland wurde dagegen die Mehrwertsteuer für alle Branchen im gleichen Zeitraum von 19 auf 16 Prozent gesenkt.

"Letzteres wäre eine bessere Lösung gewesen, denn man sieht jetzt schon, dass jeder diese Steuersenkung haben will und eine Art Lobbyismus-Wettlauf eingesetzt hat", meint der Leiter der Agenda Austria, Franz Schellhorn, am Montag laut einer Aussendung. Zudem sei die österreichische Regelung weniger transparent als die deutsche, was wiederum die Wahrscheinlichkeit senke, dass die Mehrwertsteuersenkung auch weitergegeben wird, so Schellhorn weiter.

Fallstricke

Auch Walter Obwexer, Europarechtsexperte von der Universität Innsbruck, sieht in der heimischen Lösung Fallstricke. Zum einen brauche es für die branchenspezifische Senkung der Mehrwertsteuer eine Genehmigung der EU-Kommission, da dies rechtlich gesehen als Beihilfe für einen Sektor gelte, sagte der Jurist am Montag im Ö1-Morgenjournal des ORF-Radios. In Deutschland gab es dieses Problem dagegen nicht, da die Steuersenkung flächendeckend eingeführt wurde.

Rechtliche Bedenken am österreichischen Modell könnte es außerdem aufgrund der Senkung der Mehrwertsteuer auf alkoholische Getränke geben. Denn die Mehrwertsteuer wurde für alle Speisen und Getränke auf fünf Prozent gesenkt - das umfasst auch alkoholische Getränke. "Aber die Mehrwertsteuer-Richtlinie der EU erlaubt den ermäßigten Steuersatz nicht für alkoholische Getränke. Da bin ich gespannt, was sie Kommission da macht," so Obwexer im Morgenjournal.

Die Entscheidung der Kommission steht noch aus und dürfte laut Obwexer in zwei Wochen fallen.

Auch andere europäische Länder - beispielsweise Spanien oder Italien - denken derzeit über eine Senkung der Mehrwertsteuer nach um den privaten Konsum und damit die Konjunktur zu beleben. Schellhorn empfiehlt diesen Ländern, eine generelle Steuersenkung vorzunehmen. "Es geht sehr stark darum, die Zuversicht der Bevölkerung zu erhöhen, weil Menschen ohne Zuversicht nicht konsumieren und auch nicht investieren. Und das wäre mit der generellen Senkung deutlich besser gewesen", so Schellhorn im Ö1-Journal.

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