"Hindernismarathon": Was beim Kauf einer PV-Anlage zu beachten ist
Die Regierung will das Tempo beim Ausbau der Photovoltaik in Österreich beschleunigen. Auf ihrer Neujahrsklausur kündigte sie eine Aufstockung der Fördersumme sowie vereinfachte Genehmigungsverfahren für PV-Anlagen an.
Wie wichtig Letzteres ist, zeigt die tägliche Praxis. Für den privaten Hausbesitzer entpuppt sich die Anschaffung einer eigenen PV-Anlage nicht selten als „teurer Hindernismarathon mit tückischen Fallen“, schildert Nicolas Rieger, Geschäftsführer der Wiener Firma Solarr, dem KURIER.
Bei der Anschaffung einer Solaranlage könne so einiges falsch laufen, was zu monatelangen Verzögerungen und damit viel späteren Amortisation der Anlage führen kann, warnt der Experte. Und nennt ein paar Beispiele:
- Fördercall-Stress
Das Problem ist bekannt: Derzeit gibt es nur vier mal im Jahr einen sogenannten Fördercall – an einem bestimmten Wochentag und einem exakt definierten Zeitpunkt. „Dann sitzen in Österreich Tausende Menschen gespannt vor dem Computer, um ihre Förderung zu beantragen“, so Rieger. „Weil die Fördersumme limitiert ist, öffnet sich der Call für maximal drei bis vier Minuten. Ist man zu langsam, muss man wieder drei Monate warten“.
Der nächste Fördercall ist vom 16. bis 30. März 2023 anberaumt. Damit wurde zwar die Frist verlängert, Rieger rechnet aber damit, dass der Topf ob der enormen Nachfrage wieder rasch leer sein wird. Die Dateneingabe toleriere auch keine Fehler, weshalb sie gut vorbereitet werden sollte. Details dazu finden sich auf der Homepage der zuständigen Abwicklungsstelle für Ökostrom AG
Zu beachten: Förderanträge müssen vor Inbetriebnahme gestellt werden. Durch das Warten geht wertvolle Zeit verloren, weil man nicht ins Netz einspeisen kann.
Aktuell fallen die meisten privaten Wohnhäuser in die Förderungskategorie A. Die Fördersumme beträgt 285 Euro pro 1 kWp, bei Anlagen mit 10 kWp sind dies maximal 2.850 Euro. Bei einer Anlage, die 25.000 Euro kostet, entspricht dies rund 10 Prozent der Gesamtkosten. Um den PV-Ausbau zu fördern, verweisen Branchenvertreter gerne auf die unbürokratische Lösung in Deutschland, wo der Staat auf die Umsatzsteuer verzichtet.
- Genehmigungen
Auch bei der nötigen Antragsbestätigung für eine Zählerpunktnummer sowie die Genehmigung für die Inbetriebnahme könne es zu Verzögerungen von bis zu vier Monaten kommen, berichtet der Firmenchef. Akuter Personalmangel könnte auch hier der Grund sein.
- Überprüfungen
Was gerne übersehen wird: Dachstühle, die älter als 30 Jahre alt sind, könnten sich als problematisch erweisen und müssten zuvor von einem Statiker überprüft werden. Speziell Eternit-Dächer, die vor 1991 erbaut wurden, würden fast immer gesundheitsschädigendes Asbest aufweisen.
- Smartmeter-Pflicht
Für eine PV-Anlage benötigt man einen digitalen Zähler, sprich Smartmeter. Wer noch einen analogen Wechselstromzähler hat, muss diesen zuvor auswechseln lassen. Wer auch eine Wärmepumpe nutzt, muss diesen Zähler vor Bau der PV-Anlage auf einen Zähler zusammenlegen.
Auch wenn die Politik nun Verbesserungen in der Abwicklung verspreche, müssten diese auch in der Praxis ankommen, meint Rieger. So bräuchte es etwa einen „leicht verständlichen Leitfaden“, um Probleme vorab rechtzeitig lösen zu können. Die im Oktober 2022 aus einer Baufirma ausgegründete Wiener Solarr bietet Planung, Lieferung und Montage von PV-Anlagen und beschäftigt aktuell 9 Mitarbeiter. Aufgrund der hohen Nachfrage ist eine Aufstockung auf 20 bis 30 geplant. 300 bis 400 Projekte will Solarr heuer abwickeln.
Das Unternehmen hat auf Youtube ein eigenes Erklärvideo zur PV-Förderung veröffentlicht.
Regierung plant Vereinfachungen bei PV-Anlagen
Die Regierung kündigte bei ihrer Klausur Anfang Jänner eine Aufstockung des PV-Förderbudgets auf 600 Millionen Euro sowie eine Vereinfachung bei den Genehmigungen an. So werden in einer eigenen Verordnung, die gerade in Begutachtung ist, neue, praxistauglichere Details zu Antragstellung, Förderzeitpunkte und -sätze festgelegt. Geplant ist auch, dass künftig nur noch eine zentrale Stelle alle Genehmigungen österreichweit abwickelt.
Der Branchenverband Photovoltaik Austria pocht auch auf einen raschen Ausbau der Stromnetze. In manchen Gebieten würden die Netzbetreiber bei neuen PV-Anlagen die Einspeisung ablehnen, weil die Trafostation an ihrer Kapazitätsgrenze ist und den Strom nicht abtransportieren kann. Das Potenzial ist groß: Der Branchenverband rechnet damit, dass Österreich zwischen 2023 und 2030 jedes Jahr zwischen 1,2 und 1,5 Gigawatt installieren wird. Im Vorjahr dürfte der Gigawatt-Peak erstmals überschritten worden sein.
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