Unternehmer Hans Schmid: "Diese Politikverdrossenheit ist fatal"
Hans Schmid war mit der GGK Österreichs erfolgreichster Werber und besitzt heute ein breit aufgestelltes Firmenimperium. Dem KURIER gab er eines seiner seltenen Interviews.
KURIER: Was denkt man als Unternehmer, wenn man liest, wie sich es sich schwerreiche Leute steuerlich gerichtet haben.
Hans Schmid: Ich bin überzeugt, dass früher auch schon interveniert wurde. Aber wenn mir jemand ein Fahrrad stiehlt, habe ich nicht das Recht, einem anderen sein Fahrrad zu stehlen. Nicht nur bei Steuern, diese Grundhaltung ist nicht ok. Ich habe nie einen Finanzminister angerufen, sondern meine Steuern immer pünktlich bezahlt. In den letzten Jahren wurden alle meine Firmen geprüft, es gab Diskussionen, eine Schlussbesprechung und dann ein Ergebnis.
Sie sind ein politischer Mensch, was sagen Sie zur derzeitigen Lage?
Hans Schmid ist Museumsbetreiber, Winzer, Kaufhaus-Eigner und Eishockey-Präsident. Ein Herzensanliegen ist ihm „Mythos Mozart“ im Kaufhaus Steffl. Genau an jenem Ort, wo Wolfgang Amadeus Mozart 1791 starb, eröffnete im September 2022 ein multimediales Museum. Mozart verbrachte im „Kleinen Kayserhaus“ in der Rauhensteingasse sein letztes Lebensjahr und komponierte seine späten Meisterwerke, u.a. die „Zauberflöte“ und das „Requiem“. Dort, wo heute die Damenabteilung des Steffl ist.
Der 1940 geborene Sohn eines Gastwirte-Ehepaares in Kärnten finanzierte sich sein Studium an der Hochschule für Welthandel als Kellner und Anzeigenverkäufer. Mit der Gründung einer Werbeagentur startete der Vater einer Tochter als Unternehmer, 1992 übernahm er die internationale Top-Agentur GGK, die er 2000 verkaufte. Seine Hans Schmid Privatstiftung herrscht mit zwei Holdings über ein Firmenimperium mit den Bereichen Wein & Gastro, Liegenschaften und Handel.
Noch zu Werbe-Zeiten engagierte sich Schmid in der Medienszene. Er gründete Wiener und Wienerin, den D+R Verlag und nahm 1988 der SPÖ die schwer defizitäre Arbeiterzeitung ab, die er an Investoren und die Redaktion weiter gab. Die Verlage verkaufte er wieder.
1995 erwarb er eine maßgebliche Beteiligung an der Gergross Kaufhaus AG (Gerngoss, Herzmansky, Steffl, Passage Linz, Tyrol), verkaufte diese wieder, übernahm den Steffl zu hundert Prozent und baute das Kaufhaus zu einem Fashion Department Store auf internationalem Niveau um. Eröffnung des Sky Restaurants und der Bar im letzten Stockwerk.
2001 Einstieg in die Weinwirtschaft, zuerst „Rotes Haus“, dann Kauf des Weingutes „Mayer am Pfarrplatz“ samt Heurigem. Dort wohnte 1817 Beethoven, im Frühjahr ist die Eröffnung einer Wohnung mit Originalmöbeln geplant, es können „Beethoven-Dinner“ gebucht werden. Außerdem Beteiligungen am Stift Göttweig und an Atzberg Wein.
2012 erwarb Schmid das Hotel Parks in Velden, das 2023 als Suiten-Hotel neu errichtet werden soll.
Obwohl Schmid in seiner Jugend begeisterter Fußballer war und 500 Schilling pro Spiel erhielt, ist er seit 2003 Präsident des Eishockey-Vereins Vienna Capitals und ließ die Albert Schultz Eishalle auf 7000 Plätze umbauen. Der Verein wurde zuletzt 2017 österreichischer Meister.
Die mit dem Arzt Siegfried Meryn gegründete Cape 10 Stiftung betreibt im Wiener Sonnwendviertel ein Zentrum für sozial und gesundheitlich Benachteiligte.
Es ist fatal, wie sich die Einstellung der Bürger zur Politik geändert hat. Diese Politikverdrossenheit stimmt mich sehr nachdenklich, denn dabei gewinnen andere Parteien, radikalere. Dass eine Partei ihre Interessen verfolgt, dafür habe ich Verständnis. Aber es muss eine Widerstandslinie gegen den schlechten Geschmack geben, darunter darf nichts gehen. Das gilt für das ganze Leben. Man muss diese Linie für sich selbst möglichst hochlegen, als Anspruch an sich selbst.
Sie galten immer als der SPÖ nahestehend.
Mein Vater und mein Bruder waren Sozialdemokraten. Ich habe Wahlkampfwerbung für Kreisky, Vranitzky, Gratz und Zilk gemacht, war selbst aber nie Mitglied der Partei. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – das hat für mich heute noch Geltung. Jeder Mensch muss die gleiche Chance haben, egal, aus welchem Haus er kommt, und dann hängt es von seiner Tüchtigkeit ab. Wer erfolgreich sein will, muss auch die Menschen lieben.
Der Zustand der SPÖ heute?
Was mir generell fehlt – warum wählt man die SPÖ? Es gibt kein klares Programm, vielen potenziellen Wählern müsste die SPÖ besser erklären, wofür sie steht und was wird anders, wenn sie regiert. Den Leuten muss verständlich gemacht werden, das ist unser Programm, das geben wir vor. Dann würde die SPÖ sicher eine Mehrheit bekommen und eine Regierung bilden.
Was denken Sie als Familienvater über eine Erbschaftssteuer?
Ich habe mein Leben lang alles versteuert, Millionen an Steuern bezahlt, warum sollte dann nochmals alles besteuert werden? Da würden sich außerdem Tragödien abspielen, viele Familien müssten darum kämpfen, das Erbe zu erhalten.
Aber Erben ist leistungsfeindlich.
Richtig, das stimmt, wenn jemand erbt, der nichts geleistet hat. Ich habe Verständnis dafür, dass entfernte Verwandte Erbschaftssteuer zahlen, aber Häuser für Kinder, Frauen und eingetragene Lebenspartner sollten anders behandelt werden als Aktienpakete oder Barvermögen. Oder was ist mit jemandem, der ein Geschäft in vierter Generation führt und die Steuer nicht bezahlen kann? Das muss sehr genau durchdacht werden. Ich wäre für das Schweizer Modell.
Was missfällt Ihnen wirtschaftspolitisch besonders?
Die Niedrigzinspolitik der EU, das war einer der größten Raubzüge der Geschichte. Den Sparern wurden die Erträge gestohlen, aber viele andere, wie die Immobilienbranche, sind steinreich geworden. Und die Covid-Förderungen. Stimmt schon, viele Betriebe haben sie gebraucht, aber gleichzeitig haben alle, die beträchtliche Realvermögen haben, ebenfalls alle Förderungen bekommen. Darum schlage ich vor, und ich nehme mich da nicht aus: Von den zukünftigen Gewinnen sollten jedes Jahr zehn Prozent der Förderung zurückbezahlt werden, so lange, bis alles abbezahlt ist. Kein Gewinn, dann keine Zahlung.
Die diskutierte Abschaffung der Wertpapier-KESt müsste Sie als Investor aber freuen.
Ich gebe zu, auch ich wäre ein Gewinner. Doch das ist die nächste Ungerechtigkeit. Wer sehr vermögend ist, dem wird zu noch mehr Vermögen verholfen. Oder betrachten Sie die Unterstützung von Unternehmen bei den Energiekosten. Ich habe nie erlebt, dass jemand etwas zurückbekommen hat, wenn der Gaspreis gefallen ist. Verluste werden sozialisiert und Gewinne kapitalisiert, da stehen wir heute. Die Kleinen werden immer geschröpft.
Sie haben wirtschaftlich selbst klein begonnen, wie wurde der Kärntner Wirtssohn zum internationalen Top-Werber?
Ich bin 1958 als Student nach Wien gekommen, mit wenig Geld. Meine Mutter wollte, dass ich das Gasthaus übernehme, aber ich hatte es gehasst, weil ich als Kind immer arbeiten musste. Ich habe neben dem Studium gekellnert und mit meinem Kärntner Schmäh gutes Trinkgeld bekommen. Eigentlich wollte ich Wirtschaftsjournalist bei der Presse werden, dann sah ich aber eine Anzeige in der Krone. Ich bekam einen Karteikasten und durfte anfangs nur zweispaltige Personalinserate verkaufen. Ich wurde im selben Jahr Vertriebsleiter der Krone und habe 1965 mit einem Jugendfreund, der Werbung studierte, die erste Werbeagentur gegründet. Wir hatten nur ein gemeinsames Auto und nicht einmal eine Assistentin. 1992 haben wir die GGK International übernommen. Und 1995 49 Prozent an die Lowe Group in London verkauft. Damit waren wir eine der größten internationalen Agenturen.
Viel Aufsehen erregten Sie mit der Palmers-Werbung, die Feministinnen auf die Barrikaden trieb. War das Kalkül?
Nein, wir wollten den Frauen Mut machen, schöne Dessous zu tragen. Es gelang uns, Stars wie Naomi Campbell und Linda Evangelista zu buchen.
Heute gehört Ihnen auch das Kaufhaus „Steffl“ in der Kärntner Straße. Wie sind Sie durch die Pandemie gekommen?
Wir sind nach zwei Lockdowns mit vollen Lagern dagestanden, und dann begann der Ukraine-Krieg. Aber da wir liquiditätsmäßig gut aufgestellt sind, mussten wir nicht alles sofort abverkaufen. Wenn alles gut geht, werden wir 2022 eine schwarze Null schreiben. Die Umsätze sind sogar höher als vor der Pandemie, aber die Margen sind es nicht. Dennoch haben wir uns mit „Mythos Mozart“ ein großes Investment vorgenommen.
Wie kamen Sie zum Wein, der passt eigentlich gar nicht zu Kaufhäusern?
2001 haben wir das „Rote Haus“ am Nussberg gekauft, mit 1,7 Hektar Eigengrund und 1,6 Hektar Pachtgrund. 2006 wurde mir der „Mayer am Pfarrplatz“ angeboten. Wir haben ihn in den letzten zwei Jahren auf Hochglanz gebracht, aber mussten sehr behutsam vorgehen, damit man die Aura eines Heurigen nicht kaputt macht. Heute bewirtschaften wir 74 Hektar, ausschließlich in Wien.
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