Handwerks-Sprecherin: "Bitte keinen weiteren Lockdown mehr"

Branchenobfrau Renate Scheichelbauer-Schuster
Renate Scheichelbauer-Schuster ruft Österreicher zum Testen und Impfen auf. Handwerkerbonus Neu soll mehr Aufträge bringen.

Die heimischen Handwerks- und Gewerbebetriebe starten angesichts der anhaltenden Corona-Pandemie pessimistisch ins neue Jahr. Besonders die vom Lockdown betroffenen konsumnahen Branchen wie Friseure, Masseure oder Fußpfleger könnten die verordneten Schließungen nicht mehr lange durchhalten, berichtete Renate Scheichelbauer-Schuster, Branchensprecherin Gewerbe/Handwerk in der Wirtschaftskammer (WKO).

Sie appellierte daher bei der Jahrespressekonferenz an die österreichische Bevölkerung sich rasch Testen oder Impfen zu lassen, um einen neuerlichen Lockdown zu verhindern: "Bitte keinen weiteren Lockdown. Der würde die heimischen Gewerbe- und Handwerksbetriebe besonders hart treffen. Es stehen 800.000 Arbeitsplätze bei 250.000 Betrieben auf den Spiel", so Scheichelbauer-Schuster. 

Handwerks-Sprecherin: "Bitte keinen weiteren Lockdown mehr"

Friseure trifft der Lockdown voll

Umsatz- und Auftragseinbruch

Unterm Strich wird das Gewerbe und Handwerk 2020 voraussichtlich mit einem Umsatzminus von 10,5 Prozent abschließen. „Das bedeutet Einbußen von rund 11 Milliarden Euro verglichen mit den Auftragseingängen und Umsätzen des Vorjahres“, erklärte Christina Enichlmair von KMU Forschung Austria. Damit ist die Branche deutlich stärker betroffen als die Gesamtwirtschaft mit einem prognostizierten Minus von 6,1 Prozent. 

Die Betroffenheit der Unternehmen ist groß: Für die ersten drei Quartale 2020 hat die Hälfte der Betriebe (49 Prozent) Umsatzrückgänge gemeldet, im Durchschnitt beliefen sich diese auf mehr als 27 Prozent. Im vierten Quartal meldeten sogar zwei Drittel aller Betriebe Umsatzrückgänge, wobei der neuerliche Lockdown noch gar nicht berücksichtigt wurde. 

„Viele Zulieferer und Dienstleister hatten seit März 2020 kaum Kunden und Aufträge, etwa Textilreiniger, Veranstaltungs- und Tontechniker, Beschaller und Beleuchter, Zeltverleiher, Bewacher, Kleidermacher oder auch Bäcker, Fleischer und Konditoren als Zulieferer der Restaurants und Hotels", so Scheichelbauer-Schuster. Und den Berufsfotografen sei ein Geschäftsfeld nach dem anderen weggebrochen, von der Schulfotografie über Großevents bis zu Hochzeitsfeiern. 

Handwerks-Sprecherin: "Bitte keinen weiteren Lockdown mehr"

Die Corona-Maßnahmen sorgen aber auch für Auftragsrückgängen bei den investitionsgüternahen Branchen. Damit sind der Bau- und das Baunebengewerbe gemeint (Dachdecker, Spengler, Fliesenleger, Maler, Tischler), aber auch Metalltechniker, Installateure, Gärtner/Floristen, Kunststoffverarbeiter oder das chemische Gewerbe. Laut KMU Forschung hat sich der Auftragsbestand im Schnitt um 8,4 Prozent reduziert. 

Handerwerkerbonus Neu gefordert

Um die Investitionsfreudigkeit bei den Privathaushalten anzukurbeln, fordert die Wirtschaftskammer einmal mehr die rasche Wiedereinführung des Handwerkerbonus Neu. Damit sollen die Arbeitsleistungen für Haus- oder Wohnungsrenovierungen bis zu einer Höhe von 20.000 Euro mit 25 Prozent gefördert werden. Pro Haushalt und Jahr könnte die Prämie also 5.000 Euro betragen. Den Staat würde das für zwei Jahre 100 Millionen Euro kosten. Die Prämie würde sich durch höhere Steuerleistungen von selbst finanzieren und könnte 5.200 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, erläutert Sparten-Geschäftsführer Reinhard Kainz. „Die Rückkehr auf den Wachstumspfad 2021 wird kein Selbstläufer. Hier werden Impulse notwendig sein, wie sie der Handwerkerbonus zwischen 2014 und 2017 gesetzt hat“. 

Personalstand stabil

Noch ist der Personalstand im Gewerbe und Handwerk trotz Corona-Krise relativ stabil. Laut Umfrage wollen drei Viertel der Betriebe (74 Prozent) trotz der Krise ihren Mitarbeiterstand auch im ersten Quartal 2021 konstant halten und 11 Prozent wollen ihn sogar ausbauen. Nur 15 Prozent planen Personalkürzungen, vor allem im Bau- und Baunebengewerbe. Stabil ist auch die Zahl der Lehrlinge mit 46.659. Bei den Lehranfängern gab es 2020 zwar ein Minus von 5,7 Prozent. Dieses war jedoch geringer als der Gesamtrückgang mit 8,2 Prozent und zum Teil auf den Geburtenrückgang zurückzuführen. 

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