Halbjahresbilanz: Handel verkauft mehr als vor der Krise

Halbjahresbilanz: Handel verkauft mehr als vor der Krise
Aber nicht alle profitieren. Die Modebranche nimmt noch immer um ein Fünftel weniger ein als vor der Krise

Die Händler sind heuer mit einem Lockdown ins Jahr gestartet. Zur Erinnerung: Erst mit 8. Februar durften wieder alle Geschäfte öffnen (ehe sie in Ostösterreich im April wieder geschlossen waren). Dennoch meldet die Branche für das erste Halbjahr ein Umsatzplus. Zugegeben, gegenüber dem Corona-Jahr 2020 ist das nicht so schwer. Aber die Umsätze im Einzelhandel lagen auch deutlich über dem Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2019.

Von Feierlaune ist vielerorts dennoch keine Spur. So hinken die Umsätze im Schuhhandel noch immer 25 Prozent hinter dem Vorkrisenniveau hinterher, im Modehandel um 22 Prozent. Getragen wird das Plus der gesamten Einzelhandels nämlich von Supermärkten, Diskontern und Drogerien. Diese haben in der Pandemie davon profitiert, dass die Lokale und viele andere Geschäfte über Wochen und Monate hinweg geschlossen hatten. Ebenfalls auf der Gewinnerseite stehen Baumärkte oder Elektronikhändler, haben doch viele in die eigenen vier Wände und ins Homeoffice investiert.

Jogginghose und Couch

„Eine Durchschnittsbetrachtung ist nicht aussagekräftig“, betont auch Peter Voithofer vom Economica Institut. „Vom Normalzustand kann keine Rede sein“, sagt Handelsobmann Rainer Trefelik. Er spricht auch aus eigener Erfahrung. Bei seinem Modegeschäft in der Wiener Innenstadt, bekannt für hochwertige Abendrobe, sind nach wie vor alle 24 Mitarbeiter in Kurzarbeit. In der Stadt fehlen die internationalen Touristen und mangels Veranstaltungen und Kongressen sehen auch die Einheimischen wenig Anlass, sich neu einzukleiden. Herrenanzüge bleiben in Homeoffice-Zeiten ein Ladenhüter, Abendkleider ebenso.

Zuletzt waren eher Jogginghosen ein Verkaufsschlager, was unter anderem die Online-Umsätze von Sportartikelhändlern wie Adidas beflügelt hat. Apropos Webshops. Gegenüber dem Vorkrisenniveau konnten heimische Anbieter ihre Umsätze um ein Viertel ausbauen, geht aus der Halbjahresbilanz hervor (dieser erfasst übrigens nicht die Umsätze von ausländischen Anbietern wie Amazon oder Zalando). Doch Voithofer relativiert: „Die Dynamik im Onlinehandel schwächt sich nach den Lockdowns deutlich ab.“

Ein weiterer Lockdown im Herbst wäre aus Sicht von Trefelik „das absolute Worst Case Szenario“ und ein Amazon-Förderprogramm. Die Hoffnung, dass die Maskenpflicht im Wiener Handel demnächst wieder fällt, hat er angesichts der steigenden Infektionszahlen mehr oder weniger begraben. Auf seiner imaginären Wunschliste an das Christkind stehen einheitlichere Regeln in Ostösterreich ganz oben. Der Fleckerlteppich an Regelungen sei kaum noch zu durchschauen.

Bleibt dir Frage, ob sich Konsumenten demnächst auf steigende Preise einstellen müssen, da zuletzt nicht nur Rohstoffe, sondern auch der Transport der Waren empfindlich teurer geworden ist. Voithofer kalmiert. In den vergangenen zwanzig Jahren sei die Teuerungsrate im Einzelhandel bis auf ein Jahr immer unter der allgemeinen Inflationsrate gelegen. Er sei überzeugt, dass das auch künftig so sein werde.

Zuletzt wurde die Inflation neben den Mieten vor allem durch die steigenden Ölpreise getrieben. Das haben Konsumenten etwa beim Kauf von Sprit, Heizöl oder Flugtickets gespürt.

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