Warum der Güterverkehr nicht auf Schiene kommt

Güterverkehr
Der Anteil des Bahngüterverkehrs hat zuletzt abgenommen. Ein Verkehrsexperte mahnt dringend Emissions-Reduktionen im Straßenverkehr ein.

"Vermeiden, Verlagern, Verbessern": So lauten die Grundprinzipien des österreichischen Masterplans für den Güterverkehr. Er sieht vor, dass der Anteil der Bahn beim Transport von Gütern bis 2040 auf bis zu 40 Prozent wächst (2023: 26,6 Prozent), während der Lkw-Verkehr zurückgeht. Derzeit sieht es allerdings nicht danach aus, dass der Plan aufgeht.

Denn seit 2019 ist der Anteil der Schiene beim Güterverkehr um fast 4 Prozent zurückgegangen, während der Anteil der Straße beinahe im selben Ausmaß zugenommen hat. Das vom Klimaschutzministerium vorgegebene Ziel eines klimaneutralen Güterverkehrs im Jahr 2040 sei "mehr Wunschdenken als Realität", sagte Sebastian Kummer, Vorstand des Insituts für Transportwirtschaft und Logistik an der WU Wien, bei einem Pressegespräch am Dienstag. Auch die Annahme der Regierung, dass der Gesamtverkehr weiter sinke, sei nicht haltbar. 

Erreicht werden könnten die Ziele allenfalls dann, wenn die industrielle Basis zerstört und Österreich zum "Disneyland" werde, sagte der Verkehrsexperte. 

Trend gegen die Bahn

Dass der Güterverkehr auf der Bahn weiter zurückgedrängt werde, liege einerseits daran, dass die Nachfrage in Richtung kleinerer, individueller Sendungen und höherer Flexibilität gehe. "Da ist die Bahn nicht so stark", sagt Kummer. Andererseits leide die Bahn an europaweit unterschiedlichen Stromstandards, Spurweiten und Zugsicherungssystemen. 

Auch lasse der Zustand der Infrastruktur besonders in Deutschland, aber auch in Süd- und Osteuropa zu wünschen übrig. Dazu kommen Kapazitätsengpässe wegen des Vorrangs des Personenverkehrs und Personalmangel. Für die Bahn habe er "wenig Hoffnung", sagte Kummer.

Dekarbonisierung des Straßenverkehrs

Er mahnt deshalb die rasche Dekarbonisierung des Güterverkehrs auf der Straße ein. Die Klimaziele bis 2040 könnten so zwar nicht erreicht werden, bis 2050 könne ein klimaneutraler Güterverkehr aber gelingen. Der Verkehrsexperte stützt sich bei seiner Einschätzung auf unterschiedliche Szenarien, die er im Auftrag des Fachverbands Spedition & Logistik für eine Studie durchrechnete und jetzt aktualisiert hat.

Einsparungspotenziale 

Bis 2030 sieht Kummer die größten CO2-Einsparungspotenziale bei batterieelektrischen Fahrzeugen im Nahverkehr (18 Prozent), gefolgt vom Einsatz von HVO (hydriertes Pflanzenöl) bei Lkws auf der Langstrecke (10 Prozent) und im weit geringeren Ausmaß bei Wasserstoffantrieben (5 Prozent).

Für E-Fuels sieht der Experte, wenn überhaupt, erst ab 2030 Potenzial. Dann würden auch Wasserstoff und hydriertes Pflanzenöl zunehmend an Bedeutung gewinnen und bis 2050 jeweils für über 20 Prozent an CO2-Einsparungen sorgen können. Den Anteil von batterieelektrischen Fahrzeugen an den Einsparungen sieht er durch Verbesserungen bei der Akkutechnologie bis dahin auf über 40 Prozent steigen. 

Daneben brauche es auch Verbesserungen bei der Aerodynamik, Kapazitätserhöhungen und Anpassungen bei den Fahrverboten, so Kummer. 

Integriertes Konzept

Um die Klimaziele zu erreichen, sei ein integriertes Konzept auf europäischer Ebene notwendig, sagte der Verkehrsexperte. Das müsse auch den Abbau bürokratischer Hürden im Schienenverkehr und mehr Marktorientierung bei der Bahn sowie den Aufbau einer flächendeckenden Lkw-Lade- und Tankinfrastruktur umfassen. 

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