Greenwashing: „Ernste Probleme werden mit PR-Mäntelchen zugedeckt“

Greenwashing: „Ernste Probleme werden mit PR-Mäntelchen zugedeckt“
Christoph Mandl von der Universität für Bodenkultur in Wien über gesetzliche Lücken und findige Werbestrategien.

KURIER: Sie haben 2015 Strafanzeige gegen den damaligen Verbund-Chef erstattet, weil „klimaneutrales Gas“ beworben wurde. Dies sei naturwissenschaftlicher Unsinn. Wie ging das aus?

Christoph Mandl: Mir war klar, dass das wenig aussichtsreich ist, weil es das Gesetz nicht hergibt. Der Strafantrag wurde mangels begründetem Anfangsverdacht eingestellt.

Wieso kann es Ihrer Meinung nach kein klimaneutrales Gas oder Öl geben?

Weil Öl und Gas trotzdem verbrannt werden und in die Atmosphäre gelangen. Der Schmäh funktioniert mit Kompensationen, wie beim Fliegen. Für die höheren Kosten werden andere Klimaschutzmaßnahmen gesetzt. Auch Wasserstoff ist nur dann grün, wenn er zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Er ist nicht per se grün.

Was braucht es, um gegen Greenwashing vorgehen zu können?

Die EU arbeitet derzeit an einer Richtlinie. Die Frage ist aber, wie griffig sie sein wird. Und in welcher Form sie dann in nationales Recht umgewandelt wird. Das Parlament kann sie verwässern, sie strikt umsetzen oder sogar verschärfen. Österreich könnte aber auch ohne EU tätig werden. Derzeit ist es ein rechtsfreier Raum.

Greenwashing: „Ernste Probleme werden mit PR-Mäntelchen zugedeckt“

Christoph Mandl von der BOKU

Und abseits davon?

Bis die gesetzliche Grundlage geschaffen wird, ist der Konsumentenschutz gefordert, Produkte zu prüfen. Und Medien, die Greenwashing publik machen.

Welche Branchen wollen derzeit besonders grün sein?

Einmal die Textilbranche, weil die Menschen ein starkes Bewusstsein für nachhaltige Mode entwickelt haben. Dann die Elektronikbranche und der Energiesektor. Im Lebensmittelbereich fällt es mir weniger auf, weil mehr auf den Begriff „Bio“ gesetzt wird, was sinnvoll ist.

Es gibt aber auch Unternehmen, die den Umwelt- und Klimaschutz ernstnehmen.

Natürlich gibt es die. Aber wie soll der Konsument die echten von den falschen Versprechen unterscheiden, wenn sich jeder „grün“ nennen darf? Die PR-Abteilungen verwenden den Begriff, weil er nicht geschützt ist. Das Schlimme daran ist, dass wir uns in die eigene Tasche lügen. Mit Greenwashing täuschen uns die Unternehmen vor, dass Herausforderungen im Klima- und Umweltschutz bekämpft werden. In Wahrheit aber werden ernste Probleme mit einem PR-Mäntelchen zugedeckt.

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