Gesundheit ist Österreichern teuer – aber nicht viel wert

 Der Raucheranteil geht weltweit zurück – Österreich ist ein negativer Ausreißer
Ineffizientes System: Spanier geben pro Kopf um 1400 Euro weniger aus, leben aber deutlich länger.

Österreich leistet sich eines der teuersten Gesundheitssysteme. Auf satte 3800 Euro belaufen sich die Ausgaben pro Kopf. Das ist um 1000 Euro mehr als der EU-Schnitt und um stolze 1400 Euro mehr als in Spanien. Leider sind aber Herr und Frau Österreicher deshalb nicht gesünder. Ganz im Gegenteil.

So leben die Spanier etwa deutlich länger – die Männer im Schnitt um 1,3 Jahre und Frauen sogar um 2 Jahre. Obendrein sind den Iberern geschlechterunabhängig sechs Jahre mehr gesunde Lebenszeit vergönnt – 58 Jahre in Österreich, 64 Jahre in Spanien. Kein Wunder, wenn die EU-Kommission im Länderbericht 2018 (PDF, 72 Seiten) Reformbedarf sieht. Zumal den Gesundheitsausgaben in Österreich ein überdurchschnittlich rascher Anstieg droht. Wie ist die Ineffizienz erklärbar?

Minus: Ungesunder Lebensstil

Rauchen, Alkohol, ungesunde Ernährung, wenig Bewegung: Der Lebensstil ist laut OECD-Analyse für ein Viertel der Krankheitsbelastung der Österreicher verantwortlich. Besonders eklatant ist der Tabakkonsum: In Spanien ist der Anteil der täglichen Raucher in den vergangenen 15 Jahren um ein Drittel gesunken. Österreich, die Slowakei und Indonesien sind die einzigen von 44 Ländern weltweit, in denen es im selben Zeitraum keinen Rückgang gab.

Gesundheit ist Österreichern teuer – aber nicht viel wert
OECD_Health Statistics 2017

Minus: Wenig Prävention

In Österreich wird oft erst gehandelt, wenn es zu spät ist und teure Behandlungen nötig sind. "Wir sehen eine verpasste Chance darin, dass das Rauchverbot in der Gastronomie zurückgenommen wird", sagte Marc Fähndrich, Berater der EU-Kommission, am Donnerstag: "Die wissenschaftlichen Ergebnisse sind eindeutig." Studien würden zeigen, dass eine Trennung in Raucher- und Nichtraucherbereiche wenig bringt.

Minus: Teure Spitäler

Nicht jedes Krankenhaus wäre wirklich nötig. In Österreich gebe es Anreize, Spitäler "nicht nur aus gesundheitspolitischen Erwägungen, sondern manchmal auch aus arbeitsmarktpolitischen und strukturpolitischen Erwägungen heraus zu betreiben", kritisiert der Experte.

Minus: Zu viel Verwaltung

In Österreich werden im Gesundheitsbereich 0,4 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) für Verwaltungskosten aufgewendet – doppelt so viel wie im EU- Schnitt. Die Kommission lobt die geplante Zusammenlegung auf fünf Krankenkassen.

Aber nicht alles liegt in Sachen Gesundheit in Österreich im Argen:

Plus: Offener Zugang

Lob gibt es, weil in Österreich praktisch niemand unbehandelt bleibt. Die Unterschiede zwischen Menschen mit hohen und niedrigen Einkommen sind minimal – die geringsten in der ganzen EU.

Plus: Reformen

In Brüssel findet Anerkennung, dass die Erstversorgung von den teuren Spitälern wegverlagert werden soll. Die Errichtung multidisziplinärer Ärztezentren sei ein richtiger Schritt. Die 2013 eingeführten Obergrenzen für die Gesundheitsausgaben werden ebenfalls begrüßt.

Durch das starke Wirtschaftswachstum gebe es jetzt "Rückenwind für Reformen", sagt Fähndrich – auch im Pensionssystem. Quer über alle Bereiche hat Österreich seit 2011 ungefähr bei der Hälfte der EU-Empfehlungen Fortschritte erzielt.

Kommentare