Die Errichtungskosten für ein Windrad sind laut Berechnung des europäischen Branchenverbands in den vergangenen zwei Jahren um 40 Prozent gestiegen. "Die Anlagenpreise sind über der Inflation angestiegen. Gleichzeitig macht die Zinsentwicklung die Finanzierung teurer", so Moidl im Gespräch mit dem KURIER. Deswegen fordert die Branche eine Anhebung des sogenannten Höchstgebotspreises um 13 Prozent.
Ökostrom-Erzeugung hochrentabel
Dazu muss man sagen: Bei den aktuellen Strompreisen ist jede Ökostrom-Erzeugung hochrentabel, den Unternehmen blüht deswegen EU-weit die Abschöpfung von Zufallsgewinnen. Förderungen spielen derzeit also keine Rolle, denn diese sind als eine Art Mindest-Abnahmepreis organisiert.
Das bedeutet, die öffentliche Hand bezahlt gegebenenfalls die Differenz als Marktprämie dazu. Die von der IG Windkraft geforderte Anhebung von 8,22 auf 9,29 Cent pro Kilowattstunde würde also nach aktuellem Stand keinerlei Mehrkosten verursachen, denn auch dieser Wert wäre deutlich unter dem vom hohen Gaspreis getriebenen Großhandelspreis für Strom.
Eine Preisfrage für die Windkraftbranche
Für die Windkraftbranche ist das Fördermodell aber eine wichtige Absicherung. Denn Windräder werden für eine Funktionsdauer von etwa 20 Jahren errichtet. Banken, die diese Projekte vorfinanzieren, werden sich schwerlich darauf verlassen, dass die Preise an den Energiebörsen hoch bleiben.
In Leonore Gewesslers Klimaschutzministerium sieht man die Situation weniger dramatisch. Man gehe davon aus, dass alle Projekte, die eine Förderung zugesprochen bekommen haben, auch umgesetzt werden, heißt es auf Anfrage des KURIER. So seien die Ausschreibungen im ersten Quartal 2023 im gesamten Volumen ausgeschöpft worden, was zeige, dass die Projekte für die Betreiber interessant wären.
Dass das letztes Jahr nicht der Fall war, führt man im Ministerium auf die Entstehung einer Planungslücke zurück. Denn vor dem Beschluss des Erneuerbare-Ausbau-Gesetzes (EAG) gab es in Österreich eine Zeit lang kein Förderregime – und einreichen können die Betreiber ihre Projekte erst nach bestandener Umweltverträglichkeitsprüfung.
Das größte Hemmnis beim Ausbau der Windkraft seien in den vergangenen Jahren die fehlenden Flächen gewesen. „Hier haben wir mit der neuen Umweltverträglichkeitsprüfung einen großen Schritt gemacht“, ist man im Ministerium überzeugt. Bundesländer sollen dadurch den Ausbau der Windkraft künftig nicht mehr blockieren können. Die aktuelle Marktprämienverordnung gilt noch bis Ende 2023 und soll dann angepasst werden.
Europa hinkt China nach beim Ausbau der Windkraft
Tempo ist allerdings nicht nur in Österreich gefragt, laut der Denkfabrik Ember hinkt Europa insgesamt beim Ausbau der Windkraft hinterher. Zwar war der Kontinent hier mal Vorreiter, im vergangenen Jahr lag das Wachstum mit 9 Prozent aber deutlich unter dem weltweiten Ausbau-Fortschritt um 17 Prozent.
"Die EU hat den Wettlauf um die erneuerbaren Energien früh begonnen, aber angesichts der weltweiten Beschleunigung kann sie sich keine Selbstzufriedenheit leisten", sagt dazu Sarah Brown, von Ember Europa. Besonders schnell werden erneuerbare Energieträger – neben konventionellen – übrigens in China ausgebaut.
Im Jahr 2012 kamen dort noch drei Viertel des Stroms aus Kohlekraftwerken. Vergangenes Jahr waren es nur noch 61 Prozent – und zwar trotz eines Anstiegs der Gesamtmenge.
Europa war bis 2020 weltweit führend bei der Stromproduktion aus Windkraft, 2021 wurde es von China überholt. Im vergangenen Jahr lag die chinesische Erzeugung mit 819 Terawattstunden (TWh) um 46 Prozent über der europäischen.
Kommentare