Durch den langen Lockdown wächst auch die Kritik in der Gastronomie über die Covid-Hilfen der Regierung. Wirte, die ihre Mitarbeiter schon mehrere Monate in Kurzarbeit weiter beschäftigen, fühlen sich gegenüber jenen benachteiligt, die ihre Mitarbeiter gekündigt haben. In der Branche kursieren Rechenbeispiele, wonach Betriebe, die seit November 2020 Umsatzersatz erhalten, aber ihr Personal - zum Teil mit Aussetzverträgen und Wiedereinstellzusagen - gekündigt haben, bis Ende April sogar mit einem Gewinn aussteigen. Wer das Personal behalten hat, steigt hingegen mit einem Verlust aus.
"Es kann nicht sein, dass ich der Trottel bin, nur weil ich meine Mitarbeiter trotz Lockdowns weiterbeschäftige", macht ein Wiener Gastronom gegenüber dem KURIER seinem Ärger Luft. Was ihn besonders aufregt: Dass der Umsatzersatz auch jenen Betrieben voll zusteht, die keine Personalkosten mehr haben. "Ich hingegen bleib auf 17 bis 20 Prozent der Personalkosten sitzen".
Das AMS bezahlt den Betrieben zwar 80 bis 90 Prozent des Gehalts als Kurzarbeitsbeihilfe, aber die restlichen 10 Prozent sowie die Urlaubsrückstellungen verbleiben beim Arbeitgeber. "Aber wenn ich kein Geschäft habe, wie soll ich den Urlaub dann bezahlen?", fragt der Gastronom, der aus Angst vor Repressalien lieber anonym bleiben möchte. Mit Lieferservice und Take Away gebe es zwar Beschäftigung für die Mitarbeiter, aber die Umsätze seien mager.
Arbeitnehmer-Hilfe
"Wenn man nur auf die Kosten schaut, rechnet sich die Kurzarbeit für die Gastronomen nicht. Sie ist viel mehr ein Beitrag für die Arbeitnehmer, damit sie besser versorgt sind als in der Arbeitslosigkeit", bestätigt NEOS-Wirtschaftssprecher und Gastronom Sepp Schellhorn. Die Unternehmen würden unterm Strich tatsächlich auf Kosten sitzen bleiben, wie diverse Rechenmodelle in der Branche zeigen würden. Es sei keineswegs so, dass man sich mit den Covid-Hilfen gesund stoße. Allerdings würden die Betriebe nicht leichtfertig qualifiziertes Personal kündigen.
Problematisch ist laut Schellhorn die komplexe und verspätete Abrechnung des Fixkostenzuschusses II, wo erst im Juni die Gelder fließen. Bis dahin gehe vielen Unternehmen die Liquidität aus. Es wundere ihn daher nicht, dass viele jetzt überlegen, die Kurzarbeit mit Ende März zu beenden.
Umso wichtiger sei es, schon bald wieder öffnen zu dürfen: "Wir brauchen sehr schnell eine Planbarkeit". Sollte der Lockdown noch länger andauern, rechnet Schellhorn damit, dass rund 20 Prozent der Betriebe in der Hotellerie und Gastronomie die Krise nicht überleben werden. Das wären 9.600 Unternehmen.
100.000 in Kurzarbeit
Laut Daten des Arbeitsministeriums waren zuletzt etwa 100.000 Beschäftigte aus der Gastronomie in Kurzarbeit. Insgesamt sind es derzeit 465.000. Die aktuelle Kurzarbeitsregelung wurde von der Regierung bis Ende Juni verlängert.
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