Corona-Kurzarbeit: Viele Firmen ließen schwarz weiterarbeiten
32 der 50 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfen, die die Regierung bereitgestellt hat, sind bereits geflossen.
Doch wohin – und welche Betriebe haben sie womöglich zu Unrecht bezogen?
Der KURIER hat anlässlich der Bilanz 2020 der Finanzpolizei beim Finanzministerium nachgefragt. Eines vorweg: "Die Mehrheit der Unternehmen hält sich an die Regeln“, sagt Finanzminister Gernot Blümel.
Umso wichtiger sei es, gegen schwarze Schafe vorzugehen. "Wir sind so kulant wie möglich und so streng wie nötig, denn Betrug und Missbrauch sind nicht tolerierbar.“
70.286 Personen wurden im Zuge von 28.631 Kontrollen der Finanzpolizei von Jänner bis Dezember 2020 überprüft. Das entspricht einem Plus von 29 Prozent gegenüber 2019 und sei insbesondere den Kurzarbeitskontrollen (KUA-Kontrollen) geschuldet.
Bei eben diesen KUA-Kontrollen wurden über 7.000 Betriebe unter die Lupe genommen. In 250 Fällen wurde ein "dringender Verdacht auf bereits erfolgten Fördermissbrauch“ festgestellt.
Zudem weist die Bilanz 900 zusätzliche Delikte wie illegale Ausländerbeschäftigung, Schwarzarbeit oder Sozial- und Lohndumping auf. Bei 3.200 Arbeitnehmern, bei denen die Arbeitsleistung nicht mit der Kurzarbeitsmeldung übereingestimmt hat, erfolgte eine Meldung an das Arbeitsmarktservice (AMS).
Im Zuge der regulären – also jährlich stattfindenden – Kontrollen der Finanzpolizei wurden 2020 u.a. 1.463 illegale Glücksspielgeräte konfisziert, 8.060 Strafanträge im Bereich "Arbeitsmarkt“ und 3.250 Strafanträge im Bereich Lohn- und Sozialdumping gestellt.
Härtefall-Fonds
Ausbezahlte Anträge: 765.132 Summe: 847.859.065 €
Fixkostenzuschuss I
Ausbezahlte Antragsteller: 46.758 Ausbezahlter Betrag: 457.121.563 €
Durchschnittlicher Auszahlungsbetrag: 9.776 €
Fixkostenzuschuss II:
Anträge genehmigt: 610 Genehmigter Betrag: 7.127.000 €
Umsatzersatz
Ausbezahlte Antragsteller: 103.812 Ausbezahlter Betrag: 1.938.821.000 €
Wer führt die Kontrollen durch und wie kann sich ein Laie diese vorstellen?
Die Kontrollen werden von der Finanzpolizei durchgeführt und finden wie Beschäftigungskontrollen statt, das heißt: Die Mitarbeiter werden befragt und müssen einen Fragebogen ausfüllen. Insbesondere werden dabei Arbeitszeitaufzeichnungen, Urlaubs- und Zeitausgleichslisten überprüft.
Welche Kontrollen werden vornehmlich digital, welche von Behörden an Ort und Stelle durchgeführt?
Praktisch alle Kontrollen finden unangekündigt und vor Ort statt. "Nur bei Präsenzkontrollen können die tatsächlichen Vorgänge und das wahre Ausmaß der Tätigkeit überprüft werden“, heißt es seitens des Ministeriums.
Gibt es mehr Insider-Tipps, die zu Überprüfungen führen als beispielsweise im ersten Halbjahr 2020?
"Es gibt sehr viele Anzeigen“, heißt es auf KURIER-Nachfrage. Die Finanzpolizei erhält im Jahr über 20.000 Anzeigen aus allen Bereichen (Kunden, Lieferanten, Private, Detekteien, Unternehmer usw.)
Sind bei Kontrollen Spezifika nach Bundesländern oder Unternehmensgrößen bzw. Branchen auffällig? Nein. Naturgemäß sind Betrugsverdachtsfälle bei Kurzarbeitsförderung in den vom Lockdown weniger betroffenen Bereichen (Handwerk, Bau, Transport) häufiger.
Welche Delikte kommen besonders häufig vor?
Fehlende Gewerbeberechtigungen, Mitarbeiter, die eigentlich bereits in Pension sind und Betriebe, die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt haben und stattdessen mit Subunternehmen arbeiten.
Wie verhält sich – nach Einschätzung der Experten – die Relation jener, die vorsätzlich betrügen zu jenen, die es einfach nicht besser wissen?
Im Bereich der Kurzarbeit "gibt es wohl nur betrügerisches Vorgehen, da die Regelung durchwegs großzügig gestaltet ist“. Wer sich gesetzeswidrig verhalte, der müsse dies vorsätzlich tun. Aber: Da bei der Kurzarbeit quartalsweise abgerechnet wird, können diese Angaben später noch beim AMS korrigiert werden, was nach diesen Kontrollen beim Gros der Betriebe auch passieren dürfte. "Somit ist bis zur Abrechnung beim AMS noch kein Straftatbestand eingetreten. Anders verhält es sich mit den 250 Fällen, bei denen es nachweislich Fördermissbrauch gab.“
Womit müssen Antragssteller rechnen, die falsche Belege oder fingierte Unterlagen eingereicht haben?
Je nach „übertretener Norm“ (z.B. illegale Beschäftigung von Ausländern, Nichtanmeldung bei der Österreichischen Gesundheitskasse usw.) ist mit empfindlichen Strafen zu rechnen. Je Übertretung/Dienstnehmer sind laut Finanzministerium "regelmäßig Mindeststrafen von rund 1.000 Euro vorgesehen“. Wenn Arbeitslosengeldbezieher im Zuge einer Kontrolle beim Arbeiten angetroffen werden, dann droht diesen die Rückzahlung der zu Unrecht bezogenen Arbeitslosengelder, eine Betrugsanzeige bei der Staatsanwaltschaft und eine Sperre beim AMS. Bei vorsätzlichem Förderungsbetrug droht zudem eine Haftstrafe. Strafrahmen: bis zu 10 Jahre Haft.
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