Funkmasten: Die Telekom Austria wird zweigeteilt
Monatelang wurde dementiert und kalmiert. Am Montag um 18 Uhr war es aber soweit, die Verträge zwischen der Staatsholding ÖBAG und dem Telekom-Mehrheitseigentümer America Movil wurden unterschrieben.
Die A1 Telekom Austria, an der die Republik 28,4 Prozent hält, wird ihre 12.000 Mobilfunktürme ausgliedern. 5.400 stehen in Österreich, der Rest verteilt sich auf Ost- und Südosteuropa, von Bulgarien bis Serbien. Die Towers mit einem Wert zwischen zwei bis vier Milliarden Euro werden in eine neue Infrastruktur-Gesellschaft eingebracht, diese soll die gleiche Aktionärsstruktur haben wie die Telekom. Die Transaktion ist für Herbst geplant. Zuvor müssen Aufsichtsrat und Hauptversammlung zustimmen.
Die Telekom wird praktisch aufgespalten. Die Aktionäre erhalten für mehrere Telekom-Aktien eine Infrastruktur-Aktie. Das genaue Verhältnis wird erst festgelegt. Die neue Infrastruktur-AG wird ebenfalls an der Wiener Börse notieren. In Europa wäre dies die einzige Börsenotierung einer solchen Gesellschaft. Fast alle großen Telekom-Unternehmen haben ihre Towers inzwischen ausgegliedert, aber nicht an die Börse gebracht. Mittlerweile notiert die Telekom allerdings wegen des geringen Streubesitzes gar nicht mehr im Leitindex ATX.
Die Initiative ging von America Movil aus, der KURIER berichtete als erstes Medium. Die Mexikaner brauchten dafür die Zustimmung der Staatsholding und machten starken Druck. Die ÖBAG wiederum wollte eine Verlängerung des Syndikatsvertrages, der 2024 ausläuft. Doch die Manager von America-Movil-Gründer und Milliardär Carlos Slim zierten sich. Erst als die ÖBAG die Towers mit dem Syndikatsvertrag junktimierte, stimmten die Mexikaner nach langem Ringen zu.
Geschäftsmodell Infrastruktur
Infrastruktur ist für die Daseinsvorsorge überlebenswichtig, das wurde der Öffentlichkeit mit dem Ukraine-Krieg bewusst. Ganz Europa sorgt sich seit Kriegsbeginn um die Infrastruktur. Die Funktürme sind für den Mobilfunk unerlässlich.
Sowohl Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) als auch ÖBAG-Aufsichtsratschef Günther Ofner haben einen Verkauf der Türme ausgeschlossen. Sodass schließlich auch America-Movil-Finanzvorstand und Slim-Vetrtrauter Carlos Moreno beteuerte, die Türme würden ausgegliedert, aber nicht verkauft.
Wozu aber die Ausgliederung? Die Befürworter argumentieren mit einer besseren Verwertung, mit der neuen Struktur als Schwestergesellschaft der Telekom könnten leichter Fremdnutzer gewonnen werden. Wenn sich mehrere Mieter auf einen Turm setzen, würde es für alle Beteiligten kostengünstiger. Infrastruktur als Geschäftsmodell eben. Interessant wird, wie die Wettbewerbsbehörde dieses Modell beurteilt.
Auch die Telekom wird Miete bezahlen müssen, wie man hört, bis zu 270 Millionen Euro im Jahr. Rund 200 Mitarbeiter, davon 50 in Österreich, werden voraussichtlich zur neuen Tower-Gesellschaft übersiedeln.
Investoren in Infrastruktur seien wesentlich stärker an stabilen Cashflows und der Dividende interessiert, meint man bei der ÖBAG, und rechnet, dass große Fonds einsteigen werden.
Kritiker dagegen befürchten, die Zweiteilung der Telekom sei nur die Vorstufe für den Verkauf der Towers, bei dem America Movil Kasse machen werde. Die Mexikaner haben ihre Funkmasten längst ausgegliedert und an die Börse gebracht.
Der Syndikatsvertrag für die Telekom wurde nun mit Wirkung ab März eins zu eins um zehn Jahre verlängert. Auch für die Infrastruktur-AG wurde ein Syndikatsvertrag auf zehn Jahre abgeschlossen. ÖBAG und America Movil regeln darin ihre Zusammenarbeit und die Rechte Österreichs. Am Einstiegsvertrag hatte die Wirtschaftsanwältin und heutige ÖBAG-Alleinvorständin Edith Hlawati maßgeblich mitgeschrieben.
Mit 28 Prozent ist Österreich nicht viel mehr als ein Fragesteller auf der Hauptversammlung. America Movil garantiert weiterhin einige Zugeständnisse wie das Headquarters in Wien. Das sogenannte "Österreich-Paket beinhaltet die weitere Notierung an der Wiener Börse und die Nominierung von zwei Aufsichtsräten für die ÖBAG. Die österreichischen Aufsichtsräte haben ein wesentliches Mitspracherecht bei Strategie und Übernahmen.
Auf die von den Mexikanern groß angekündigte Expansion aber wartet die Telekom heute noch.
„Dieser Vertrag unterstreicht nicht nur die langfristige Perspektive und die Stabilität unserer Partnerschaft mit AMX, sondern liegt auch im Interesse der Republik Österreich“, sagte ÖBAG-Vorständin Edith Hlawati nach der Vertragsunterzeichnung. „Gleichzeitig zeigt das vereinbarte Investitionsvolumen, dass der Ausbau der Infrastruktur beiden Großaktionären ein wichtiges Anliegen ist. Aus Sicht der ÖBAG ist es ein großer Erfolg, dass wir die erfolgreiche Kooperation mit unseren mexikanischen Partnern für weitere 10 Jahre verlängern konnten.“
In beiden Syndikatsverträgen wurden gegenseitige Vorkaufsrechte vereinbart. Außerdem dürfen ÖBAG und America Movil ihre Aktien fünf Jahre lang nicht verkaufen.
Investitionspaket über 1 Milliarde Euro
Außerdem haben die beiden Syndikatspartner ein Investitionspaket im Gesamtvolumen von 1 Milliarde Euro vertraglich vereinbart – vorbehaltlich der Zustimmung des Aufsichtsrates zur Ausgliederung der Funkmasten. Das Investitionspaket soll den seit 2022 laufenden beschleunigten Ausbau von Hochgeschwindigkeitsinternet in Österreich garantieren, im Besonderen den Ausbau der Glasfasernetze.
Kein Recht mehr auf CEO
Die Staatsholding verliert jedoch das Nominierungsrecht für den Vorstandsvorsitzenden. Ende August laufen die Verträge von CEO Thomas Arnoldner und seinen Vorstandskollegen Alejandro Plater (COO) und Finanzchef Siegfried Mayrhofer aus. Stark anzunehmen, dass der neue CEO wieder (wie bis 2018, bevor Arnoldner kam) Plater heißen wird. Er hatte als Vertreter des Mehrheitsaktionärs ohnehin immer das Sagen. Arnoldner, Vertrauter von Sebastian Kurz, macht zwar einen guten Job, könnte aber nur als Vize-Chef bleiben, so er will. Der Vorstand wird auf zwei Mitglieder reduziert.
Mayrhofer, der auf einem Ticket von America Movil sitzt, verlässt das Unternehmen. Die Finanzagenden wandern zum CEO.
Auch die neue Towers-Company wird zwei Vorstände haben. Die ÖBAG wird auch hier zwei Kapitalvertreter in den Aufsichtsrat entsenden.
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