Frequentis-Chef: "Legen jetzt mehr Geld bei großen Banken an"

Norbert Haslacher
Wiener Flugsicherungsspezialist zog Lehren aus dem Commerzialbank-Desaster. Operativer Gewinn dank hohen Ersparnissen bei den Reisekosten.

Frequentis zog Lehren aus dem Desaster bei der pleitegegangenen Commerzialbank Mattersburg und veränderte seine Veranlagungsstrategie. "Wir legen jetzt mehr Geld aus unserem Cash-Bestand bei großen, systemrelevanten Banken an und weniger bei kleinen", sagte Frequentis-Vorstandschef Norbert Haslacher bei der Präsentation der Jahresbilanz.

Das auf Flugkommunikation spezialisierte Wiener Unternehmen musste bekanntlich 30,9 Mio. Euro an Einlagen bei der Commerzialbank zur Gänze abschreiben und hat wie andere Kunden auch rechtliche Schritte gegen die Bank eingeleitet: "Der Verlust ist bilanziell abgeschrieben, aber die Causa noch lange nicht vorbei", sagte Haslacher. Wegen der vorgenommenen Wertminderung blieb für 2020 bei einem stabilen Umsatz von 299 Mio. Euro unterm Strich ein Jahresverlust von 3,4 Mio. Euro übrig. Trotz des Verlusts sank die Eigenkapitalquote 2020 im Vergleich zu 2019 nur von 42,7 Prozent auf 40,7 Prozent, das Nettoguthaben stieg sogar von 77,8 Mio. auf 85 Mio. Euro.

Vorstandswechsel war "geplant"

Finanzchefin und Frequentis-Miteigentümerin Sylvia Bardach wird Mitte April die Vorstandsagenden an ihren Nachfolger Peter Skerlan übergeben und sich in der Hauptversammlung am 20. Mai 2021 der Wahl in den Aufsichtsrat stellen. Der Abgang habe nichts mit der Commerzialbank zu tun, sondern sei schon vor einem Jahr geplant gewesen, so Haslacher. Bardach hätte sich als Finanzchefin in der Causa nichts zu Schulden kommen lassen, habe auch keinerlei private Beziehung zur Pleitebank gehabt. Als 70-Prozent-Eigentümerin hätte sie selbst einen hohen Schaden erlitten. "Sie ärgert sich am meisten".

"Sehr profitables Business"

Abgesehen von der Mattersburg-Causa lief das Geschäft von Frequentis im Vorjahr gut. CEO Haslacher spricht von einem "sehr profitablen Business". An Großprojekten wurden etwa eine Netzwerklösung für die brasilianische Flugsicherung, ein Kommunikationssystem für die Feuerwehr und Polizei in Hamburg sowie erstmals ein Drohnen-Managementsystem in Norwegen umgesetzt. In der Drohnen-Steuerung zur Sicherung von Flughäfen sieht Frequentis einen wichtigen Zukunftsmarkt.

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Flugsicherung bei Frequentis

7 Mio. Euro weniger Reisekosten

Das operative Ergebnis (EBIT) konnte trotz Corona-Pandemie von 9,6 auf 26,8 Mio. Euro deutlich verbessert werden. Die EBIT-Marge (bezogen auf den Umsatz) belief sich im Vorjahr auf 9 nach 5,7 Prozent im Jahr 2019. Hauptgrund dafür war ein stark rückläufiges Reisevolumen, womit sich der Konzern 7 Mio. Euro an Reise- und Messekosten ersparte. Laut Haslacher werden nach der Pandemie die Geschäftsreisen wieder zunehmen, weil bei Geschäftsanbahnungen "der persönliche Kontakt" unerlässlich sei, aber viele Meetings durch Videokonferenzen ersetzt werden. "Wegen eines vierstündigen Meetings wird niemand mehr nach Brasilien fliegen", ist Haslacher überzeugt.

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Betriebsbesuch bei Frequentis

15 Cent Dividende

Trotz des Jahresverlusts von 3,4 Mio. Euro und eines Firmenzukaufs (Teile von L3Harris) schüttet Frequentis auch für 2020 eine Dividende in Höhe von 15 Cent pro Aktie aus. Damit zeige das Unternehmen Kontinuität bei seiner Dividendenpolitik, begründet Haslacher den Schritt.

Gute Auftragslage

Für das laufende Geschäftsjahr seien die "Auftragsbücher gut gefüllt", sagte Haslacher. Mit 85 Millionen Euro Nettoguthaben sei auch einiges an Cash da, um weitere Übernahmen umzusetzen. In den nächsten drei bis fünf Jahren soll Frequentis jährlich um 8 Prozent zulegen.Viele Kunden würden gerade jetzt in der Krise investieren und nicht warten, bis die Reisetätigkeiten wieder voll einsetzen. Der Auftragsbestand liege bei 427 Mio. Euro. Trotz Corona sollen Umsatz und Auftragseingang im Vergleich zum Jahr 2020 zumindest gehalten werden. Wegen der zu erwartenden steigenden Reisekosten sowie der Integration von L3Harris mit 200 Mitarbeitern wird für das Gesamtjahr eine EBIT-Marge zwischen 5 und 7 Prozent erwartet.

 

 

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