Austro Control: In Österreich fehlen rund 70 Fluglotsen

Vor einer Woche hat die irische Billigairline Ryanair zu einem Rundumschlag ausgeholt: Frankreich, Spanien, Deutschland, Griechenland und Großbritannien sollen für mehr als 90 Prozent der Flugsicherungsverspätungen in Europa verantwortlich sein. Zugleich wurde behauptet, Österreich sei das fünftschlechteste Land (sic!) in Sachen Air Traffic Control.
Von 1. Jänner bis 18. August sollen 4.752 Ryanair-Flüge „von unnötigen Verspätungen aufgrund von Missmanagement und Personalmangel bei der Flugsicherung (Austro Control) betroffen“ gewesen sein. In einer Augustwoche wurden 147 Verspätungen gezählt. Verkehrsminister Peter Hanke wurde zu raschem Handeln aufgefordert.
„Ich kann diese Zahlen nicht nachvollziehen. Wenn man sich das über das Jahr anschaut, so ist die Leistung der österreichischen Fluglotsen außerordentlich gut mit dem Personalstand, den wir haben“, sagt Daniel Liebhart, Betriebsratschef der Austro Control und Vorsitzender des Bereichs Luftfahrt in der Gewerkschaft vida. „Der steigende Verkehr wird nahezu ohne Verspätung und vor allem sehr sicher abgearbeitet. Wenn es an einzelnen Tagen im Sommer nicht so gut läuft, dann ist das bedauerlich, aber die Performance ist nicht schlecht.“ Nachsatz. „Die Ryanair müsste sich eigentlich bei den Fluglotsen bedanken, anstatt ihre Leistung zu schmälern.“
350 Fluglotsen
Die 350 Fluglotsen der Austro Control sind für die An- und Abflüge und die Überflüge verantwortlich. Sie kontrollieren bis zu 4.000 Flugbewegungen pro Tag. Im Tower in Wien-Schwechat befindet sich die An- und Abflugkontrolle. Das Area Control Centre in der Schnirchgasse steuert den Überflugverkehr.
„Nur weil ein Flugzeug über Österreich drüberfliegt, heißt es noch lange nicht, dass der Grund für die Verspätung in Österreich zu suchen ist“, sagt Liebhart. Verspätungen liegen oft bei den Airlines, weil es zum Beispiel zu Verspätungen beim Boarding kommt. Schon zehn Minuten Verspätung hätten Folgewirkungen für den weiteren Verlauf eines Fluges.
Problem Gewitterlagen
Trotz zehn Prozent mehr Flugverkehr gibt es hierzulande laut Austro-Control-Sprecher Markus Pohanka Top-Pünktlichkeitswerte. „Einzig die Gewitterlagen sind bei uns ein Thema“, sagt Pohanka. „Durch Gewitter darf man nicht durchfliegen. Auch am Flughafen Wien haben wir Tage verzeichnet, wo Gewitter lange gestanden sind. Dadurch mussten Flugzeuge auf andere Flughäfen ausweichen oder verspätet landen.“
Personalmangel seit einem Jahrzehnt
Fakt ist aber auch: Bei der Austro Control fehlt Personal. „Seit einem Jahrzehnt wird von der Gewerkschaft auf den Personalmangel bei den Fluglotsen hingewiesen und es gibt aktuell einen ausgeprägten Personalmangel. Die Fluglotsen kommen an ihre Kapazitätsgrenzen“, sagt der vida-Funktionär. „Es braucht eine Entlastung und eine Ausbildungsoffensive. Rund 70 Fluglotsen werden zusätzlich benötigt.“ Laut Pohanka sind derzeit 80 Trainees in Ausbildung, die drei Jahre dauert.
Das sagt der Verkehrsminister
„Ich möchte zunächst festhalten, dass das top-ausgebildete Personal der Austro Control zu jedem Zeitpunkt die Sicherheit im österreichischen Luftraum garantiert. Die Austro Control unternimmt sehr erfolgreich alle Anstrengungen, um trotz starkem Verkehrswachstum die Passagiere sicher und möglichst pünktlich an ihr Ziel zu bringen. Die Vorwürfe sind daher gerade in Bezug auf Österreich haltlos und nicht nachvollziehbar. Wir kennen aber ähnliche Vorwürfe der Ryanair auch gegen andere europäische Flugsicherungen", sagt Mobilitätsminister Peter Hanke zum KURIER. "Austro Control ist sich ihrer Verantwortung bewusst und hat bereits ein umfassendes Ausbildungsprogramm aufgesetzt, das konsequent weiterverfolgt wird. Plan ist, die Zahl der Lotsinnen und Lotsen um weitere zehn Prozent zu erhöhen."
Entscheidungesträger gefordert
Laut Liebhart müssen die politischen Entscheidungsträger Europas ein Regelwerk erlassen, das es den Flugsicherungsunternehmen ermöglicht, nachhaltig Personal aufzubauen und Investitionen zu tätigen. Derzeit gebe es nur einen Rahmen von fünf Jahren. „Man bräuchte einen Horizont bei der Personalplanung von zehn bis fünfzehn Jahren“, sagt Liebhart. „Der österreichische Verkehrsminister kann mit seinen europäischen Kollegen vernünftige Lösungen anstoßen.“
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