AUA-Hagelflug: Brisante Vorwürfe gegen die Flugermittler

AUA-Airbus flog von Mallorca nach Wien
Die Staatsanwaltschaft Wien geht dem Verdacht des Amtsmissbrauchs nach. Die mittlerweile beauftragten deutschen Flugermittler haben den Vorfall auf „schwere Störung“ hochgestuft.

Rund 20.800 Seiten umfasst der Ermittlungsakt der Staatsanwaltschaft Wien bereits. In diesem Fall geht es nur indirekt um den AUA-Hagelflug, sondern um die Hagelflug-Ermittlungen durch die Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (SUB). Zur Erklärung: Der Hagelflug, bei dem einzelne Passagiere sogar Todesangst hatten, wird von der Staatsanwaltschaft Korneuburg wegen des Verdachts der fahrlässigen Gemeingefährdung untersucht. Das fragwürdige Vorgehen der SUB-Ermittler nach dem Hagelflug unterzieht die Staatsanwaltschaft Wien einer strafrechtlichen Überprüfung.

Im Wiener Verfahren ist eine Ermittlungsanordnung an das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) ergangen. Sieben Personen werden als Verdächtige geführt. Es geht um den Verdacht der Begünstigung, Beweismittelvernichtung und des Amtsmissbrauchs. Neben der SUB-Chefin Bettina Bogner sind drei SUB-Ermittler, ein externer Sachverständiger sowie zwei AUA-Mitarbeiter im Visier. Dem Vernehmen nach weisen alle die Vorwürfe zurück.

Zwei Vorfälle

Im Mittelpunkt stehen der (vermeidbare) AUA-Flug durch ein Hagelunwetter in Hartberg vor etwas mehr als einem Jahr sowie die Swiss-Notlandung wegen Qualms in der Kabine mit einem Toten im vergangenen Dezember in Graz. In beiden Fällen soll es bei der Untersuchung zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein, so der Verdacht.

Laut Erhebungsersuchen der Staatsanwaltschaft Wien stehen die vier SUB-Mitarbeiter im Verdacht, „im Namen des Bundes als deren Organe in der Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte wissentlich missbraucht zu haben“, indem der AUA-Hagelflug nur als ,einfache Störung‘ klassifiziert wurde, damit keine Untersuchung des Vorfalls angeordnet werden musste, „obwohl sie wussten, dass eine Person im Zuge des Zwischenfalls verletzt wurde und während des Fluges Absturzgefahr gegeben war“.

Vor kurzem musste die SUB die Untersuchung in der Causa an die deutsche Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) abtreten. Hatte die SUB den Hagelflug nur als simple „Störung“ eingestuft, so beurteilt die deutsche BFU den Fall nun als „schwere Störung“.

Gesetz ist eindeutig

„Das Ereignis wurde als schwere Störung klassifiziert, die Begriffsbestimmungen ergeben sich auf dem Gesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen bei dem Betrieb ziviler Luftfahrzeuge“, so ein Sprecher der BFU in Braunschweig. Detail am Rande: Gegen einen SUB-Ermittler wird auch zum tödlichen Unfall eines Swiss-Flugzeugs am 23. Dezember 2024 der Vorwurf erhoben, eine Atemschutzmaske im Zuge der Beweissicherung unsachgemäß verwahrt und somit eine Kontamination ermöglicht zu haben.

SUB-Chefin Bettina Bogner und zwei weitere verdächtige SUB-Mitarbeiter werden von der Wiener Anwaltskanzlei Riedl & Partner vertreten. „Nach Rücksprache mit unseren Mandanten wollen wir keine Stellungnahme abgeben“, heißt es aus der Kanzlei Riedl & Partner. 

Fahrlässige Gemeingefährdung

Indes wurde die Staatsanwaltschaft Korneuburg, die wegen fahrlässiger Gemeingefährdung ermittelt, von der deutschen BFU bereits kontaktiert. Die deutschen Ermittler sichten derzeit den Akt und werden dann die weitere Vorgangsweise mit der Staatsanwaltschaft Korneuburg koordinieren, so eine Sprecherin. Auch liegt laut Anklagebehörde Korneuburg vom Oberlandesgericht Wien noch keine Entscheidung vor, ob die Korneuburger die Auswertung des Flugdatenschreibers und Cockpit-Voicerecorders des AUA-Airbus verwenden dürfen.

Denn die AUA wehrt sich gegen eine Auswertung durch die Strafverfolgungsbehörden und hat „Einsprüche wegen Rechtsverletzung“ eingebracht. Die Einstufung des BFU bestätige ihren bisherigen Standpunkt, dass es sich um keinen Unfall gehandelt hat, und für die Auswertung der Flugaufzeichnungen sei „allein die SUB bzw. die BFU zuständig“, so die Fluglinie.

Unregelmäßigkeiten

Erfreut zeigt sich der Passagier-Anwalt Wolfgang List. „Die Unregelmäßigkeiten bei der Untersuchung des AUA-Hagelflugs durch die SUB haben uns überhaupt erst zur Einleitung strafrechtlicher Schritte veranlasst. Mit der nunmehrigen Einstufung durch die deutsche Flugunfallstelle als schwere Störung wurde unsere Skepsis an der Objektivität der bisherigen SUB-Untersuchungen voll bestätigt“, betont List. „Nun sind die Voraussetzungen für eine objektive, transparente und vollständige Aufklärung der Ursachen für den AUA-Hagelflug geschaffen worden.“ Nachsatz: "Meine Mandanten und ich sehen uns zwar mit Privat-Klagen konfrontiert - wir lassen uns jedoch nicht mundtot machen und sehen uns bestätigt.“ Dazu muss man wissen, dass zwei Mitarbeiter der Airline, eine Flugbegleiterin und ein Jurist, den Passagier-Anwalt Wolfgang List wegen übler Nachrede privat geklagt haben. Detail am Rande: Der AUA-Jurist ist im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wien einer der Verdächtigen.

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