Finanzwissen: Hälfte der Jungen sieht sich schlecht vorbereitet

Wirtschafts- und Finanzwissen der Schüler "verbesserungswürdig"
Junge Menschen aus bildungsfernen Schichten sind dabei laut einer Umfrage im Auftrag der Erste Bank deutlich benachteiligt.

Österreichs Jugend hält die an Schulen vermittelte Finanzbildung für äußerst kritisch. Auf einer Bewertungsskala von eins bis zehn schneidet die Wissensvermittlung im Unterricht mit einem Durchschnittswert von 3,6 Prozent desaströs ab. Das zeigt  eine repräsentative Befragung von mehr als 800 heimischen Jugendlichen (zwischen 14 und 20 Jahren) von YEP (Youth  Empowerment + Participation)  im Auftrag des Erste Financial Life Park (FLiP).

61 Prozent der Befragten geben an, über wenig bis keine Finanzbildung zu verfügen. Nur 17 Prozent sehen sich diesbezüglich gerüstet. Große Unterschiede gibt es nach der Schulform: Jugendliche, die eine polytechnische Schule besuchen, wissen nach Selbsteinschätzung überdurchschnittlich viel, jene, die eine AHS-Oberstufe besucht haben, sehen bei sich ein besonders hohes Defizit. Auffällig ist auch der Gender-Unterschied: Junge Frauen haben besonders häufig angegeben, bei dem Thema nichts zu wissen. Und auch Migranten würden sich bei dem Thema schwerere tun.

Alltagswissen

Die Hälfte der Jugendlichen sieht sich jedenfalls bei dem Thema nicht ausreichend gerüstet. „Man könnte mich sofort übers Ohr hauen, weil ich keine Ahnung habe, wie viel Miete normal ist, wie viel man für ein Auto zahlt usw. Mir fehlen die Relationen“, beklagte sich ein befragter Schüler in einem der für die Umfrage geführten Interviews. Und ein anderer: „Mir fehlt relevantes Wissen im Unterricht. ich habe jetzt zwar eine Ahnung, wie eine Pflanze aufgebaut ist – aber was hilft mir das im Alltag?“

Philip List, Leiter des vor fünf Jahren am Erste Campus in Wien eröffneten Finanzbildungspark FLiP, machen die Ergebnisse „nachdenklich. Das Ergebnis hat uns in der Dramatik überrascht, die Zahlen sind alarmierend“.

Erste Group-Chef Bernd Spalt beklagt, dass zwar viel über das Thema Finanzbildung gesprochen werde, aber „passieren tut relativ wenig. Das ist nicht so super“. Die Relevanz sei noch nicht breitflächig verstanden worden. So würde etwa ein unterdurchschnittliches Bildungsniveau mit einer überproportional höheren Verschuldung korrelieren. „Ein Viertel der unter 30-Jährigen war schon bei der Schuldnerberatung“, führt Spalt aus.

Maßnahmen

Für die Schüler Michael Stadlmann und Katrin Leiner vom neu gegründeten FLiP-Jugendbeirat ist es Aufgabe der Schule, das Interesse an dem Thema zu entfachen. Denn viele Eltern seien überfordert, weil ihnen selbst das Wissen fehle. Ein Drittel der Schüler rede daheim nicht über Geld. Finanzbildung, die alle erfasst, sei nur in Schulen möglich.  „Es braucht ein niederschwelliges und inklusives Angebot ab der Pflichtschule“, fordern die Vertreter mit Nachdruck Änderungen im Lehrplan. In den Bereichen Steuern, Budget und Verträge, so ergab die Umfrage, besteht der größte Wissensbedarf.

List zufolge gibt es in der Slowakei fächerübergreifende Schulversuche, im Rahmen derer auch etwa in Geschichte oder Fremdsprachen Finanzbildung forciert werde. „Es wird auch in Österreich solche Versuche geben“, kündigt List an. Sowohl fächerübergreifend als auch als eigenes Fach. Beide Varianten würden infolge wissenschaftlich evaluiert werden.

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