EZB zwischen Inflation und Konjunktursorgen

EZB-Pk in Frankfurt
Der Ukraine-Krieg belastet Konjunktur. Inflation spricht für Kurswechsel in der Geldpolitik, Konjunktursorgen dagegen.

Europas Währungshüter stecken in der Zwickmühle: Eigentlich schien die Europäische Zentralbank (EZB) bereit, angesichts hartnäckig hoher Teuerungsraten den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik einzuläuten. Doch Russlands Krieg gegen die Ukraine belastet die Konjunktur auch im Euroraum - und das würde dafür sprechen, dass die Notenbank die Wirtschaft weiter kräftig mit billigem Geld unterstützt.

Mit Spannung wird daher erwartet, wie sich der EZB-Rat bei seiner Sitzung am Donnerstag positioniert.

Energiepreise heizen die Teuerung an

Vor allem steigende Energiepreise halten die Teuerung auf vergleichsweise hohem Niveau. In Deutschland kletterte die jährliche Inflationsrate im Februar mit 5,1 Prozent wieder über die Fünf-Prozent-Marke. Manche Ökonomen halten in den kommenden Monaten Teuerungsraten bis zu 6 Prozent in Europas größter Volkswirtschaft für möglich.

Auch im Euroraum insgesamt heizen Energiepreise die Teuerung an. Im Februar lagen die Verbraucherpreise im Währungsraum der 19 Länder um 5,8 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Dies ist der höchste Wert seit Einführung des Euro als Verrechnungswährung 1999. Die EZB strebt mittelfristig eine stabile Währung bei einer Preissteigerung von 2 Prozent an. Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern. Sie können sich für einen Euro dann weniger leisten.

Die Folgen der Pandemie sind noch nicht völlig verdaut, da droht der Wirtschaft neues Ungemach. Der Krieg in der Ukraine hat den Welthandel nach Berechnungen des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) binnen wenigen Tagen einbrechen lassen.

"Größte Einbruch seit Ausbruch der Coronakrise

Für Februar gehen die IfW-Ökonomen von minus 5,6 Prozent aus: "Dies ist der größte Einbruch seit Ausbruch der Coronakrise im Frühjahr 2020. Der Erholungstrend der letzten Monate ist damit jäh unterbrochen." EZB-Präsidentin Christine Lagarde warnte Ende Februar vor den Folgen der russischen Invasion für die Wirtschaft im Euroraum. Der Konflikt werde sich vor allem über die Energiepreise und durch größere Unsicherheit an den Märkten auswirken, sagte Lagarde: "Unsicherheit ist bereits an den Finanzmärkten spürbar, wo sich die Stimmung verschlechtert hat."

Führende Vertreter der EZB hatten in den vergangenen Monaten immer wieder betont, die Entscheidung über den weiteren geldpolitischen Kurs werde im März anhand neuester Daten zur Entwicklung von Inflation und Konjunktur getroffen. Zur März-Sitzung des EZB-Rats liegen dem obersten Entscheidungsgremium der Notenbank die neuesten Projektionen der EZB-Ökonomen vor, die alle drei Monate veröffentlicht werden.

Prognosen

Mitte Dezember hatte die EZB für 2022 eine Teuerungsrate von 3,2 Prozent angenommen, für 2023 rechneten die Währungshüter im Jahresschnitt mit einer Preissteigerung von 1,8 Prozent im Euroraum. Der Wirtschaft im Währungsraum sagte die Notenbank für heuer 4,2 Prozent Wachstum voraus, 2023 dann sollte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,9 Prozent wachsen. Angesichts der jüngsten Entwicklung wird erwartet, dass die EZB für dieses Jahr eine höhere Inflation und ein geringeres Wirtschaftswachstum vorhersagen wird.

Was heißt das nun für Ausstieg aus der seit Jahren ultralockeren Geldpolitik, den Sparer herbeisehnen? Schon vor dem Krieg in der Ukraine zeigte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel die Schwierigkeiten auf: Es gebe sowohl das Risiko eines zu frühen Handelns als auch das Risiko, dass die EZB zu spät handle, sagte Schnabel in einem Interview der "Financial Times": "Wir müssen das richtige Gleichgewicht zwischen diesen beiden Risiken finden."

Krieg verzögere Ende der expansiven Geldpolitik

Der seit Anfang des Jahres amtierende Bundesbank-Präsident Joachim Nagel verwies Anfang März noch einmal auf die hartnäckig hohe Inflation: "Wir müssen die Normalisierung unserer Geldpolitik im Blick behalten." Der Krieg in der Ukraine könnte den allmählichen Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik verzögern. Lagarde betonte jüngst: "Die EZB ist bereit, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Preisstabilität und Finanzstabilität im Euroraum zu gewährleisten."

Festgelegt hat sich die EZB bereits darauf, dass sie die Zinsen erst anheben will, wenn sie kein frisches Geld mehr in den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen steckt. Der Leitzins im Euroraum liegt seit sechs Jahren auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Banken, die Geld bei der EZB parken, müssen darauf seit Juni 2014 Zinsen zahlen. Zurzeit liegt dieser Einlagenzins - auch Einlagefazilität genannt - bei minus 0,5 Prozent. Die Kosten dafür geben etliche Geldhäuser an ihre Kundinnen und Kunden weiter.

Entschieden hat der EZB-Rat bisher lediglich, dass die Notenbank im Rahmen ihres in der Pandemie aufgelegten Anleihenkaufprogramms PEPP nur noch bis Ende März zusätzliche Wertpapiere kaufen wird. Allerdings fließen über das allgemeine Kaufprogramm APP weiter Milliarden in Anleihen. Zudem will die EZB nach bisheriger Planung Geld aus auslaufenden PEPP-Papieren bis mindestens Ende 2024 neu anlegen.

Deutsche-Bank-Ökonomen erwarten bis zu 7 Prozent Inflation

Die Ökonomen der Deutschen Bank haben ihre Konjunkturprognosen für Deutschland geändert.  Bisher waren die Ökonomen lediglich von 4,2 Prozent ausgegangen, nachdem die Preise bereits 2021 um 3,1 Prozent gestiegen waren. Im schlimmsten Fall könnten diese sogar um etwa 6,5 bis 7,0 Prozent steigen, "weil die Öl- und Gaslieferungen zumindest vorübergehend unterbrochen werden". 2023 soll die Teuerungsrate dann auf etwa 3,5 Prozent zurückgehen.
 

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