Die konservative Französin war Wirtschafts- und Finanzministerin ihres Landes, später Präsidentin des Internationalen Währungsfonds in Washington. Seit dem 1. November 2019 dirigiert die mittlerweile 66-Jährige das sechsköpfige Direktorium der Währungshüter in Frankfurt. Und hält strikt – nicht wenige sagen stur – Kurs.
NullzinsAm Donnerstag geschah deshalb das Erwartete: Das oberste Entscheidungsgremium der EZB, der Rat (das Direktorium plus die 19 nationalen Notenbankchefs der Euro-Länder) belässt den Leitzins in der Eurozone dort, wo er seit dem 10. März 2016 bereits ist: bei Null.
StrafzinsDie Banken müssen weiter Strafzinsen zahlen, wenn sie in Frankfurt Geld parken.
GeldflutUnd das milliardenschwere Corona-Anleihekaufprogramm „PEPP“ wird zwar Ende März eingestellt. Doch Erträge daraus werden noch bis Ende 2024 in das schon lange laufende Programm „APP“ reinvestiert. Das heißt: Die ultralockere Geldpolitik wird fortgesetzt, die Kritiker für die hohe Inflation mitverantwortlich machen.
Lagarde geht weiter davon aus, dass sich die Inflation im heurigen Jahr wieder beruhigen wird. Dann nämlich, wenn sich die importierten hohen Energiepreise wieder stabilisieren. Sie widerspricht implizit auch jenen, die meinen, Preise und Löhne könnten sich demnächst zum Schaden der Wirtschaft gegenseitig aufschaukeln. Ihr Lager hat offenbar Euro-Staaten wie Italien oder Griechenland im Fokus, denen die Nullzinspolitik ganz klar bei der Refinanzierung ihrer extremen Staatsverschuldung entgegen kommt.
Diese Position ist auch in der EZB umstritten, wie die Protokolle der Dezember-Sitzung zeigten. Einzelne Ratsmitglieder fürchten, dass sich die Inflation nicht beruhigt, weiter Kaufkraft und Ersparnisse auffrisst und die Gewerkschaften mit hohen Lohnforderungen kommen könnten.
Die Bank of England rund um ihren Chef Andrew Bailey legte nach ihrem ersten Zinsschritt im Dezember am Donnerstag übrigens nach und erhöhte den Leitzins weiter auf 0,5 Prozent. Die Inflation auf der Insel beträgt 5,4 Prozent und könnte auf bis zu 7 Prozent steigen. Bei diesem Wert ist die US-Inflation bereits angekommen. Fed-Chef Jerome Powell hat daher eine erste Zinsanhebung für März in Aussicht gestellt.
Lagarde blieb am Donnerstag im Kern bei ihrer Linie, betonte aber die kurzfristigen „Aufwärtsrisiken“ bei der Teuerung. Sie sagte: „Die Inflation wird wahrscheinlich noch länger als bisher gedacht erhöht bleiben, aber sich abschwächen im Laufe dieses Jahres.“ Zumindest hat sie Zinserhöhungen nicht mehr völlig ausgeschlossen. Man werde sich an den Inflationsdaten orientieren und nötigenfalls alle Instrumente anpassen. Noch vor kurzem hatte sie Zinsschritte 2022 als „sehr unwahrscheinlich“ bezeichnet.
Auch WIFO-Ökonom Josef Baumgartner hält nun eine Zinserhöhung 2022 für „nicht mehr ausgeschlossen“. Er sagte zum KURIER: „Die Jänner-Inflation war höher als erwartet, der Arbeitsmarkt entwickelt sich besser als erwartet. Beides spricht für einen Zinsschritt, den Lagarde angedeutet, aber nicht ausgesprochen hat.“
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