Inflation so hoch wie 1984: Soll der Staat per Preisdeckel eingreifen?

Inflation so hoch wie 1984: Soll der Staat per Preisdeckel eingreifen?
Vor allem die Energiepreise sind an der hohen Teuerung von 5,1 Prozent schuld. Machen staatlich verordnete Höchstpreise Sinn? Der KURIER hat nachgefragt.

Die Strom- und Gaspreise liegen vor allem im Osten Österreichs um zehn beziehungsweise 26 Prozent über dem Niveau von Februar 2021. Auch an den Zapfsäulen ging es zuletzt nur nach oben (siehe Seite 17). Im Jänner hat die Teuerungsrate damit erstmals seit November 1984 die Fünf-Prozent-Schwelle überschritten.

Das ergibt die Schnellschätzung der Statistik Austria, am 23. Februar sollen Details veröffentlicht werden.

Klar ist, der Druck auf weitere Maßnahmen im Kampf gegen die Rekordpreise steigt. Vor allem seitens der Opposition, obwohl die Regierung soeben erst einen Hunderte Millionen teuren Energiekostenausgleich beschlossen hat – der sich nun aber verzögern dürfte.

Was wird also gefordert? Neben Winterpaketen, mehr Geld für arme Pensionisten, der Halbierung der Mehrwertsteuer oder dass die Länder bei ihren Landesenergieversorger einschreiten sollen, taucht die Idee staatlich verordneter Höchstpreise jetzt verstärkt auf. Ein Preisdeckel soll es richten.

Vor allem die Freiheitlichen nehmen sich hier Ungarns Viktor Orbán zum Vorbild. Im Nachbarland wird am 3. April gewählt. Praktischerweise dürfen in Ungarn seit Anfang Februar bis Ende April sechs Grundnahrungsmittel (Milch, Zucker, Sonnenblumenöl, Mehl, Schweinekeulen, Hühnerbrust) nicht teurer werden als sie es bereits im Oktober waren. Obergrenzen gibt es auch für Strom, Gas, Sprit und Kredite.

Macht das Sinn oder geht das zu sehr in Richtung Planwirtschaft?

AK-Chefökonom Markus Marterbauer verteufelt Preisdeckel nicht prinzipiell und verweist dazu etwa auf das Mietrecht, wo es z. B. den Richtwertmietzins bei Altbauten oder die Mietpreisbindung im geförderten Neubau gibt. Aber, so Marterbauer: „Im Wesentlichen wird die Inflation bei uns über die Lohnpolitik ausgeglichen. Die Abschlüsse lagen über der für heuer im Jahresschnitt erwarteten Teuerung von 3,3 Prozent. Das gilt aber nicht für alle Sozialleistungen, hier könnte man z. B. bei der Mindestsicherung nachbessern.“

Von einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Energie, wie das die SPÖ fordert, hält Marterbauer wenig. „Die Mehrwertsteuer ist ein viel zu breites Instrument. Spezifischere Hilfen in Form von Zuschüssen für Einkommensschwache sind besser.“

„Populistischer Unsinn“

So sieht das im Wesentlichen auch WIFO-Chef Gabriel Felbermayr, der Orbans Preisdeckelung klar heraus als einen „populistischen Unsinn“ bezeichnet und auf dessen „Wahltaktik“ zurückführt.

Staatliche Preiskontrollen würden letztlich falsche Signale aussenden und Nachfrage wie Angebot verzerren. Felbermayr: „Die Preise sind hoch, wenn die Güter knapp sind. Mit einem Preisdeckel verstärkt man nur die Knappheit. Im Endeffekt bekämpft man ein Symptom und nicht die Ursache.“ Soll heißen: Würde der Staat beispielsweise die Energiepreise deckeln, hätten Haushalte wie Betriebe weniger Anreize Strom und Gas zu sparen sowie die Produzenten weniger Anreize, ihre Kapazitäten auszuweiten.

Soweit die Theorie. In Großbritannien hat man es dennoch versucht. Mit dem zweifelhaften Erfolg, dass Energieversorger, die Gas wesentlich teurer einkaufen mussten, als sie es weiterverkaufen konnten, in die Pleite geschlittert sind. Nun will London mit einem speziellen Kreditprogramm aushelfen.

In Österreich, sagt Felbermayr, gebe es keinen wirklichen Grund für solch staatliche Eingriffe. Es gebe schlicht bessere Instrumente, denn in der Regel handle es sich hier um ein „sozialpolitisches Problem“ bei besonders Einkommensschwachen.

Felbermayr: „Dass Haushalte jetzt Schwierigkeiten haben, ihre Strom- und Gasrechnung zu begleichen, ist ärgerlich, aber die meisten Österreicher können sie zahlen. Sie sind weder verarmt noch bedürftig.“ Spezifische Zuschüsse für ärmere Schichten hält der Top-Ökonom daher für sinnvoller. Oder etwa auch eine „Nachbesserung bei der Steuerreform“, wenn ein möglicher Geldsegen mehr in der Breite wirken soll.

Vorerst hat die Regierung freilich keine weiteren Schritte gegen die Inflation angekündigt. Auch die EZB glaubt, dass die monatlichen Teuerungsraten im Jahresverlauf ohnehin sinken werden. Sie will die Zinsen deshalb weiterhin nicht anheben.

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