Ex-ÖBAG-Chefin auf der Suche nach Kapitalgebern
Die Zinsen steigen und damit werden auch die Kredite teurer. Vor allem für junge Firmen, die viel Kapital benötigen, etwa weil sie stark expandieren oder viel forschen, ist diese Entwicklung äußerst ungünstig. Ein Ausweg kann Private Equity sein. Mit diesem Beteiligungskapital kaufen sich Geldgeber in Unternehmen ein und sollen so dessen Wachstum sicherstellen.
„International hat Private Equity in Portfolios einen Anteil von rund 25 Prozent, in Europa sind es nur zehn Prozent“, sagt Martha Oberndorfer. Die frühere Chefin der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) und der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖBAG ist seit dem Frühjahr Associate Partnerin des auf Private Equity spezialisierten Beratungs- und Beteiligungsunternehmens Venionaire Capital in Wien.
Ihr neuer Chef ist Berthold Baurek-Karlic, der seine berufliche Laufbahn bei Oberndorfer im Investmentbanking begonnen hat. Er war rund sechs Jahre lang in der OeBFA ihr Assistent. Heute besitzt er 53 Prozent der Anteile von Venionaire, das er vor zehn Jahren gegründet hat. „Mit Martha Oberndorfer wollen wir noch mehr Investoren an Bord holen“, sagt er im KURIER-Gespräch. „Das aktuelle Marktumfeld kommt uns entgegen“, ergänzt die Finanzmarktkennerin.
„In Europa gibt es ein drastisches Problem bei Anschlussfinanzierungen“, so Baurek-Karlic. In den USA seien Pensionskassen die größten Kapitalgeber, das sollte auch in Europa das Ziel sein. Die Politik habe bereits dafür den Weg bereitet, indem sie die Veranlagungen in dem Bereich erleichtert habe. Versicherungen hätten noch Hürden bei der Veranlagung der Kundengelder zu überwinden.
Generell seien jedoch in Österreich immer mehr Beteiligungsfonds aktiv, wobei jener der UNIQA mit mehr als 100 Millionen Euro der größte sei. Er verweist zugleich auf den zehn Milliarden Euro schweren Dachfonds in Deutschland, der nun auf 30 Milliarden aufgestockt werden soll. „In Österreich steht ein solcher Fonds geduldig im Regierungsprogramm“, ärgert er sich. Und Institutionen wie die Nationalbank würden nationales Kapital nutzen, um international zu investieren. „Das ist absurd.“
Intellektuelles Kapital
Und Oberndorfer ergänzt: „Es gibt ein tolles intellektuelles Kapital in Österreich. Wenn es nicht gelingt, Finanzierungen in Österreich zu bekommen, wandern sie ab oder verkaufen.“
Für Venionaire sind laut Baurek-Karlic derzeit in Wien 15 Mitarbeiter tätig, zudem kann auf einen Pool von rund 200 externen Spezialisten zurückgegriffen werden. „Gerade haben wir unseren Standort in London eröffnet.“ Dort seien bereits Investments von 40 Millionen Euro abgewickelt worden. In den vergangenen zehn Jahren habe das Transaktionsvolumen insgesamt fast zwei Milliarden Euro betragen. Aktuell sei man in 11 Unternehmen investiert. „Wir konzentrieren uns auf wenige, dafür intensiv“, sagt Baurek-Karlic. Mehr als 15 sollen es nie sein.
2.500 Firmen
Ob sich ein Investment lohnt, analysiert das Team bei 2.500 Firmen im Jahr. Jeden Monat komme es dann zu ein bis zwei Transaktionen. „Wir sind stark im digitalen Bereich und es gibt hier junge Unternehmen mit großartigen Technologien“, sagt Baurek-Karlic. Entschieden wird dann nach gewissen Parametern (z.B. Team, Markt, Geschäftsmodell, Technologie). Jedes Monat komme es dann zu ein bis zwei Transaktionen. „Wir sind stark im digitalen Bereich und es gibt hier junge Unternehmen mit großartigen Technologien“, sagt Baurek-Karlic.
Beispiele seien etwa Sproof, eine Plattform aus Oberösterreich für digitale Unterschriften, bei der Venionaire gemeinsam mit dem Linde Verlag investiert hat; oder der Wiener Carsharing-Anbieter Eloop, die Linzer Gitarren-Lern-App Fretello oder die britische UM Autonomous Systems, die ein Betriebssystem für autonome Drohnen und Roboter entwickelt hat. „Wir werfen nicht nur Geld in eine Firma rein, sondern versuchen auch eine Weiterentwicklung“, so Baurek-Karlic.
Mittlerweile gibt es drei erfolgreiche Exits (Kompany, Firstbird, YodelTalk). Aber natürlich habe es auch schon Abschreibungen „wie bei jedem Marktteilnehmer“ gegeben. Um das Risiko zu minimieren, gebe es keine Kreditfinanzierung. „Man muss sehr viel Recherchearbeit leisten, weil gute Unternehmen sind schwer zu finden, bevor sie groß werden“, sagt der Unternehmensgründer. Und dann stelle sich noch die Frage, ob es vergleichbare Produkte nicht schon gebe.
Derzeit baut Venionaire auf 4.500 Investoren, davon 80 Prozent aus dem Ausland. „Ohne aus Österreich hinauszugehen, wird es nicht funktionieren.“ Angesprochen werden Family Offices und Stiftungen mit Investments ab einer bis 10 Millionen Euro Anlagevolumen, wobei der Mindestbetrag je Investment 125.000 Euro ausmacht.
In Zukunft sollen durch eine Kooperation mit dem Crowdfundinganbieter Conda auch Kleinanleger (ab 500 Euro) als Co-Investoren gewonnen werden. Damit sollen dann zusätzlich 250.000 bis einer halben Million Euro als Aufstockung der Investments lukriert werden. In den Startlöchern steht zudem ein Biotech & Life Science Fonds, der in Abstimmung mit dem Health Hub Tirol aufgelegt wird.
Beteiligungskapital
Dabei handelt es sich um Geld, das Investoren Klein- und Mittelunternehmen in Form von Eigenkapital zur Verfügung stellen. Die Investoren sind so an den Unternehmen beteiligt und können auch ins Management eingreifen. Ziel ist ein rasches Wachstum des Unternehmens, das einen Verkauf der Beteiligung oder einen Gang an die Börse mit hohem Gewinn erlaubt
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